Book Information

Title:
Handbuch Theologische Ausbildung: Grundlagen – Programmentwicklung – Leitungsfragen


Authored by:
Bernhard Ott

ISBN:
978-3-417-29547-4

Publisher:
SCM R. Brockhaus, Germany; 2007, p. 432, €20-00* *Book price at time of Review

Book Review information

Reviewer:
Christoph Stenschke

Affiliation:
Department of New Testament, University of South Africa, Pretoria, South Africa

email:
Stenschke@wiedenest.de

Postal address:
Biblisch-Theologischen Akademie, Forum Wiedenest, Eichendorffstr. 2, D-51702 Bergneustadt, Germany

How to cite this article:
Stenschke, C., 2010, ‘Handbuch Theologische Ausbildung: Grundlagen – Programmentwicklung – Leitungsfragen’, Verbum et Ecclesia 31(1), Art. #410, 2 pages. DOI: 10.4102/ve.v31i1.410

Copyright Notice:
©2010. The Authors. Licensee: OpenJournals Publishing. This work is licensed under the Creative Commons Attribution License.

ISSN: 0038-2353 (print)
ISSN: 1996-7489 (online)

Handbuch Theologische Ausbildung: Grundlagen – Programmentwicklung – Leitungsfragen

Das vorliegende Handbuch ist ungewöhnlich, da es sich nicht an Studierende wendet und ihnen einen Teil der Theologie als akademischer Disziplin allgemeinverständlich und eindrücklich vor Augen führt, sondern weil es ein Handbuch für Dozenten der Theologie sein möchte. In diesem Handbuch, das aus Jahrzehnte langer Praxis, internationalen Kontakten und breit angelegter interdisziplinärer wissenschaftlicher Erarbeitung entstanden ist, gibt Ott einen hervorragenden Überblick über alle wesentlichen Fragen theologischer Ausbildung am Anfang des 21. Jahrhunderts. Ott hat in diesem Bereich promoviert (Beyond Fragmentation: Integrating Mission and Theological Education; Oxford: Regnum Books, 2001) und war über 20 Jahre Seminarleiter am Theologischen Seminar Bienenberg in der Schweiz.

Die Einführung beschreibt den gegenwärtigen Umbruch in der theologischen Ausbildung (6-13; die gegenwärtige Situation in der Bildung; was ist “theologische Ausbildung? Besondere Herausforderungen verlangen besondere Kompetenzen”). Kapitel zwei, “Das Ringen um Reformen und Erneuerungen in der theologischen Ausbildung – eine Einführung in die internationalen Diskussion” (15-76), beschreibt die Impulse zur Erneuerung der theologischen Ausbildung durch Missionsbewegungen und Ökumene sowie im Rahmen der internationalen evangelikalen Bewegung, verschiedene Stimmen aus der Zwei-Drittel-Welt (27f; nur ein knapper Hinweis auf Lateinamerika) und Ansätze zur Reform des Theologiestudiums in Nordamerika (H. Richard Niebuhr, Edward Farley, Max L. Stackhouse, David Kelsey, Robert Banks, Malcom Warford) sowie Bestrebungen zur Reform der theologischen Ausbildung im deutschsprachigen Raum (Reformbemühungen im Rahmen des evangelischen universitären Theologiestudiums in Deutschland, freikirchliche und evangelikale theologische Ausbildung im deutschsprachigen Raum). Ott schließt mit einem Plädoyer, dass eine neue “Tagesordnung” paradigmatische Veränderungen provoziert und provozieren muss.

Kapitel drei gilt den bildungstheoretische Grundlagen (Traditionen und Modelle der (theologischen) Ausbildung; 77-123). Dazu gehören grundlegende bildungstheoretische Kategorien, typologische Überblicke, ein Überblick über säkulare (Aus-)Bildungsmodelle (das universitäre Bildungsmodell, das duale Ausbildungsmodell – die Berufslehre, der pädagogische Paradigmenwechsel im 20. Jh., das Modell der Erwachsenenbildung und das Fachhochschul-Modell) und über die Traditionen und Modelle theologischer Ausbildung (die Bibelschulbewegung, theologische Ausbildung als akademisches Studium, das Modell der amerikanischen Seminaries sowie alternative Modelle theologischer Ausbildung).

Nach dieser Grundlegung wendet sich Ott den biblisch-theologischen Grundlagen zu (“Auf dem Weg zu einer Theologie der theologischen Ausbildung”; 125-82). Die biblischen Bausteine zu einer Theologie der theologischen Ausbildung sind Hinweise auf “theologische Ausbildung” im Alten und Neuen Testament. Elemente einer Theologie der theologischen Ausbildung ist die Reflexion des Weges von der Bibel zu den gegenwärtigen Herausforderungen, Gott selbst, sein Wort, seine Sendung und seine Kraft sowie die Gemeinde als primärer Lernort der Kirche. Die Darstellung endet mit einer anregenden Zusammenstellung wesentlicher Inhalte. Ott schreibt:

Aus theologischen Gründen

• befasst sich theologische Ausbildung mit Gott, und zwar sowohl in sachlicher, wie auch existentieller Weise, d.h. durch gründliche Reflexion über Gott und im persönlichen Gespräch mit Gott, als reflektierende Theologie, wie auch als anbetende Doxologie.

• befasst sich theologische Ausbildung mit der Bibel als der aller anderen vorgeordneten Überlieferung des Handelns und Redens Gottes. Theologische Ausbildung tut das sowohl in sachkundiger sprachlicher, historischer, literarischer und hermenutischer Analyse, wie auch im geistlichen Hören auf Gottes Wort.

• wird theologische Ausbildung im Horizont von Gottes Projekt (missio Dei) wahrgenommen. Theologische Ausbildung dient der Gemeinde in ihrer Mission. Sie befähigt zu verschiedenen Diensten (in) der Gemeinde, die in die Welt gesandt ist.

• wird theologische Ausbildung Befähigung nicht einseitig als “Machen” und “Können” verstehen, sie wird vielmehr auch zur Ohnmacht und zur Abhängigkeit von Gottes Geisteswirken ausbilden.

• ist die Gemeinde die geistliche Heimat theologischer Ausbildung. Auch wenn es gute Gründe gibt, theologische Ausbildung in Institutionen wahrzunehmen, die auch Distanz zur Gemeindepraxis ermöglichen und einen über die Gemeinde hinausgehenden Dialog ermöglichen (z. B. im Kontext der Hochschulbildung), bleibt die Gemeinde der primäre Ort des Bezuges und der Verantwortung.

• ist theologische Ausbildung ohne Beziehungen und Gemeinschaft undenkbar. Gemeinsames Leben, Beziehungen zwischen Unterrichtenden und Studierenden, Vorbild und Mentoring sind unabdingbare Elemente theologischer Bildung (181f).

In Kapitel fünf schildert Ott, wie Theorie und Praxis in der theologischen Ausbildung integriert werden sollen (183-248; Einführung in die Theorie-Praxis-Debatte, das Problem und die Lösungsvorschläge, Praxis, Theoria und Poiesis, Konsequenzen). Zur Praxis gehören Spiritualität und Persönlichkeitsentwicklung (theologische Ausbildung und Spiritual Formation –des Denkens, kulturelle Unterschiede im Denken, verschiedene Formen von Theorien, Wahrheit und Erkenntnis, Denkfähigkeit und Wissenschaftlichkeit) zur Poiesis Kompetenzen und

Fertigkeiten (Schlüsselqualifikationen bzw. Schlüsselkompetenzen,berufsspezifische Fertigkeiten).

Kapitel sechs leitet zur Entwicklung von Programmen in theologischer Ausbildung an (249-323). Grundsätzliche Überlegungen sind dabei:

WER? Die Frage nach Trägerschaft und Verantwortung

WAS? Die Frage nach den Inhalten

WIE? Die Frage nach Prozessen und Methoden

WO? Die Frage nach dem Kontext

WER? Die Frage nach den Unterrichtenden

Dann geht es um Curriculumsentwicklung und Partnerschaft (was heißt “Curriculum”?, Curriculum in Partnerschaft entwickeln, Formen der Partnerschaft) und um verschiedene Ausgangspunkte: “Wo stehen wir? Die Input-Qualifikationen” (formale Eintrittsqualifikationen und/oder “Open Education”; Chancen und Grenzen offener Zugangsmöglichkeiten) und “Wohin wollen wir? Die Output-Qualifikationen” (erstellen eines Absolventenprofils, definieren von Ausbildungszielen) und die Frage “Wie kommen wir dahin? Curriculum entwickeln” (die Komponenten des Curriculums, der Studienverlauf, Fächer und Fachbeschreibungen, weitere Organisationsformen und Maßnahmen, Curriculumsintegration). Das Kapitel endet mit zwei Beispielen (A. Kirk’s “Reenvisioning the theological curriculums as if the Missio Dei mattered” und die “Konkordatsreform der Reformierten Kirchen in der Schweiz”).

Kapitel sieben schildert, wie Qualität in theologischer Ausbildung gefördert und geprüft werden kann (325). Dazu gehören Qualitätsmanagement, Evaluation und Akkreditierung (Begriffe und Konzept) sowie deren Ziel und Zweck. Ott stellt unterschiedliche Qualitätsmanagementmodelle vor und gibt hilfreiche Kriterien zu deren Auswahl (Grundkategorien und Grundentscheidungen, Umgang mit extern konzipiertem Qualitätsmanagement). Unter “Qualität, Indikatoren und Standards” behandelt Ott Definitionen und Konzepte, die Qualität von Ausbildungen definieren und die Indikatoren, Variablen und Kriterien sowie die Qualitätsstandards. Abschließend zeigt Ott deren Durchführung durch die Evaluationsinstrumente des internen Qualitätsmanagement sowie des externen Controllings.

Im abschließenden Kapitel, “Mit Kopf, Hand und Herz führen in theologischer Ausbildung” (361-411) erarbeitet Ott “Educational Leadership – was Führungskräfte in theologischer Ausbildung leisten müssen” und beschreibt die Führungsaufgaben unter den Stichworten Kopf, Herz und Hand. Zum “Kopf” gehören Strategie und Orientierung (Vision, Leitbild, Umsetzungsprogramm, der Prozess von Vision-, Leitbild- und Umsetzungsprogrammentwicklung), zur “Hand” gehören Strukturen und Koordination (u. a. die Einrichtung geeigneter Organisationsstrukturen) und zum “Herz” Kultur und Motivation (was macht die “Kultur” einer Bildungsinstitution aus? Die pädagogische Bedeutung der institutionellen Kultur).

Ott deckt alle wichtigen Fragen gekonnt und allgemeinverständlich ab. Eine Stärke des Bandes ist, dass er neben der universitären Ausbildung auch verschiedene Formen nicht-universitärer und dezidiert kirchlicher theologischer Ausbildung im Blick hat. Während die Perspektive vom evangelikalen Kontext des Autors bestimmt ist, ist sein Band weit darüberhinaus von Nutzen. Allerdings kommen katholische Ausbildungsmodelle mit teilweise starker kirchlicher Anbindung kaum vor. Zudem bietet Ott nur wenige Perspektiven für Ausbildung in einem multikulturellen Kontext; ferner hätte man sich einen knappen Abschnitt über die Chancen und Grenzen von e-learning in theologische Ausbildung gewünscht. Rundum ein “Muss” für Leiter von Ausbildungsstätten und andere Funktionsträger, für die Ausbildungsreferenten von Kirchen, Kirchenleitungen und etwa für Vorstandsmitglieder oder Kuratorien theologischer Ausbildungsstätten. Der detaillierte Abschnitt zur Curriculumsentwicklung kann in unterschiedlichem Kontext von Kollegien für die eigene Entwicklung verwendet werden. Ein inspirierender Band mit vielen Anregungen, die freilich mit Anstrengung und dem Mut zu neuen Wegen verbunden sind. Wer ahnt oder fürchtet, dass sich an seiner Ausbildungsstätte etwas ändern muss, wenn sie den veränderten Bedingungen (inkl. der Studierenden) des 21. Jh. gerecht werden will, findet mit Otts Band ein Handbuch mit Augenmaß und weitem Horizont.



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