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Martina Kessler Email
Research Institute for Theology and Religion, University of South Africa, South Africa

Christina Landman
Research Institute for Theology and Religion, University of South Africa, South Africa

Citation


Kessler, M. & Landman, C., 2016, ‘Heterosexuell erotisierte Beziehungsgeflechte in der Mission’, Verbum et Ecclesia 37(1), a1618. http://dx.doi.org/10.4102/ve.v37i1.1618

Note: This article is partially based on the author’s thesis of the degree of Doctor of Theology in Missiology at the University of South Africa, South Africa, with supervisor Prof. Willem Saayman and co-supervisor Prof. Christina Landmann, received February 2014, available here: http://uir.unisa.ac.za/bitstream/handle/10500/15383/thesis-kessler_m.pdf?isAllowed=y&sequence=1

Original Research

Heterosexuell erotisierte Beziehungsgeflechte in der Mission

Martina Kessler, Christina Landman

Received: 14 Apr. 2016; Accepted: 14 Sept. 2016; Published: 30 Nov. 2016

Copyright: © 2016. The Author(s). Licensee: AOSIS.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution License, which permits unrestricted use, distribution, and reproduction in any medium, provided the original work is properly cited.

Abstract

Heterosexual eroticising situations and relationships in the context of missions. This article contains some of the results of empirical research done on heterosexual eroticising relationships in which missionary women engage. This research was done for a DTh thesis submitted at the University of South Africa in 2014. Eroticising always precedes actions and influences the later relationships of male and female missionaries who are still alive and working. In an initial study it was found that many missionary organisations had addressed and listed sexuality as a theme. However, the eroticising of heterosexual relationships has up till now not been systematically researched and reflected upon. During interviews with missionary women, it was found that they not only had been involved in erotic relationships beforehand, but that they also experienced eroticising in the mission field, establishing eroticising as part of the internal system of missionary work.

Intradisciplinary and/or interdisciplinary implications: Consequently, a Missiology of being authentically human was developed for this study in which eroticising was addressed. With this, it should be possible to deal theologically and practically with eroticising, temptation and sexual needs.

Einleitung1

Die bei Frauen – egal ob alleinstehend oder verheiratet – festzustellende Unsicherheit in Bezug auf das eigene Leben und die (Vor-)Urteile gegenüber dem jeweils anderen Familienstand weckten mein Interesse dies zu erforschen. Außerdem beobachtete ich, dass der Umgang der Frauen miteinander häufig durch Männer – egal ob anwesend oder nicht – geprägt ist. Daher sollte die Dynamik unter Frauen durch heterosexuelle Erotisierung untersucht, differenziert erfasst und systematisiert und strukturiert abgebildet werden.

Dazu wurde die Dynamik unerwünschter heterosexuell erotisierter (subtiler und offensichtlicher) Beziehungsgeflechte der Mitarbeiter/-innen von deutschen, evangelikalen Missionen in einer qualitativ empirischen Forschung durch passiv-narrative Interviews2 untersucht. Die Vermutung war, dass das Beziehungsgeflecht im Miteinander von Singles,3 Ehefrauen und Ehemännern4 in der Mission eher durch erotische Einflüsse belastet ist als es üblicherweise wahrgenommen wird. Durch die Veränderung der Lebenssituation,5 wie sie bei Missionar/-innen üblich sind, treten Beziehungskonflikte früher und deutlicher auf. Gleichzeitig wird der Zugang zu dieser Dynamik von den aus der Bibel abgeleiteten Erwartungen mit einem verstärkten Anspruch an sich selbst und an andere erschwert. Wenn dann zum Beispiel Konflikte eher unterschwellig bleiben oder auf andere Ebenen verlagert werden,6 wird es immer problematischer im Miteinander. Das Sich-hingezogen-fühlen zum anderen Geschlecht kann dadurch so stark werden, dass es sogar zu außerehelichen sexuellen Aktivitäten kommen kann, obwohl die Missionar/-innen vor und außerhalb der Ehe sexuell enthaltsam und in ihrer Ehe treu leben wollen.

Begriffsklärung

Im Folgenden werden die Begriffe erotisiert und Beziehungsgeflecht definiert, damit deren Anwendung in diesem Artikel unmissverständlich geschehen kann.

Erotik – erotisch – erotisiert

Das Wort ‚erotisiert‘ muss vom Stammwort eros, dem Substantiv Erotik und das Adjektiv erotisch her verstanden werden.7 Eros (altgriechisch, `zur Liebe gehörig´, `die Liebe betreffend´), eine emotiv-motivationale Kraft, wird seit Platon bis heute ‚mit dem Muthaften in Verbindung gebracht und rangiert als Mittler zwischen der triebhaften Begierde und dem Geistigen‘ (Schöpf 2006:822) die gleichzeitig in göttlicher Begeisterung den Aufstieg beflügelt und als Verblendung oder gar Wahn wirkt, der herabziehen kann. Für die Griechen und die antike Welt war Eros ‚Liebe als Wunsch, Sehnsucht oder Appetit‘, welche hervorgerufen wurden durch ‚die attraktiven Eigenschaften des Objekts des Wunsches – sei es nun Ehre, Anerkennung, Wahrheit, Gerechtigkeit, Schönheit, Liebe oder Gott‘ (Guinness 2000:22). Sehnsucht und Liebe werden auf ein Objekt gerichtet, ‚durch dessen Besitz man erwartet, glücklich gemacht zu werden‘ (S. 22). Eros kann die Leidenschaft für Belebtes oder Unbelebtes ausdrücken, wird von Schönheit inspiriert und kann plötzlich, mit unwiderstehlich zuschlagender Gewalt hereinbrechen. Das Substantiv Erotik beschreibt den geistig-seelischen Bereich der Liebe. Sie wird mehr atmosphärisch wahrgenommen und ist nicht bloße Sexualität (Duden 1989:420). Zu ihr gehören auch die Liebeskunst mit vergeistigtem Liebes- und Geschlechtsleben, sowie die Sinnlichkeit und die Liebeslehre (Wahrig 1986:432). Mit dem Adjektiv erotisch8 wird umschrieben, was die Liebe in ihrer ästhetisch-sinnlichen Anziehungskraft in Beziehungen, Erlebnissen oder auch Konflikten ausmacht (Duden 1989:420). Erotisches betrifft und beinhaltet Erotik, nimmt auf sie Bezug beziehungsweise beruht auf ihr. Das Geschlechts- und Liebesleben wird durch Erotisches betont oder angereizt (Wahrig 1986:432).

Die Adjektiven ‚erotisch‘ und ‚erotisiert‘ sind zu unterscheiden. Erotisch beschreibt eine Eigenschaft. Erotisiert ist, was aktiv erotisch gemacht wurde. Es bedarf also vorher einer Handlung. Erotisiert wurde etwas oder jemand, wenn durch (ästhetische) Reize sinnliches Verlangen geweckt wurde. Das kann durch Filme, Gegenstände oder Musik genauso geschehen wie durch Menschen. Manchmal werden dabei alltägliche Dinge, Lebensbereiche oder Beziehungen auf das Gebiet der Erotik verlagert und mit erotischen Inhalten gefüllt. Erotisiertes kann Erotik wiederum hervorrufen (Wahrig 1986:432; Duden 1989:420; Müller 1997:224; Hunold 2006:822–823).

Erotisierung geschieht zum einen, wenn Menschen unterschiedlicher Geschlechtszugehörigkeit Gefühle füreinander entwickeln. Aber Erotisierung kann auch in Form einer Übertragung stattfinden, wenn sie von einem eifersüchtigen Ehepartner oder einem kontrollierenden Umfeld ausgeht. In diesem Fall muss überprüft werden, ob die Beziehung tatsächlich erotisch ist, oder ob sie ausschließlich von außen erotisiert wird. Eifersucht alleine ist noch kein Indiz für eine tatsächliche Erotisierung der Beziehung.

Im Alten Testament werden die Bilder des Erotischen auch zur Vermittlung der ‚leiblichen-zuwendenden Grundgestalt des Gott-Mensch-Verhältnisses‘ (Hunold 2006:824) (im Hohelied, Hosea) verwandt. Aber es wird auch die Beziehungsintensität und Dynamik der Erotik zwischen Frau und Mann formuliert. Barth (1969:144–151), Piper (1954:41–76), Zimmerli ([1943] 1967:145–206) und van Oorschot (2000:29-31) betonen die Einheit von Geist und Körper, die Frauen und Männer durch die Erotik zueinander hinführt, wobei sie unterschiedliche Begründungen dafür aufführen.

Menschen erkennen ihre Geschlechtlichkeit auch im Anderssein. Sie kommen in den bekannten Zügen des Partners in Kontakt mit ihren eigenen unbekannten Möglichkeiten (Schellenbaum 2001:90). Der Mann wird wie ein Spiegel für die Frau, die Frau ein Spiegel für den Mann (vgl. Buber [1986] 2006:15: 32;9 vgl. Bovet 1951:21). In dieser Verschiedenheit von Mann und Frau liegt ein Reiz. Der Vollzug von Sexualität war bei der Schöpfung des Menschen mit eingeplant und Adam und die Frau haben den Auftrag sich sexuell zu vereinen. Demzufolge hat Gott Anziehungskraft, Erotik und Sexualität gestiftet, als er Frau und Mann in ihrem jeweiligen Geschlecht erschuf. Der urgewaltige Drang der Geschlechter zueinander kann auch darauf begründet sein, dass die Frau aus der Seite des Mannes gebildet wurde und beide im Sexualakt wieder zu einem Fleisch werden, welches im gezeugten Kind sichtbar würde (von Rad 1992:163). Die im Geschöpf verankerte Orgasmusfähigkeit zeigt die im Menschen organisch angelegte Lustfähigkeit. Und beim sexuellen Akt sind gerade die Organe besonders beteiligt, die bei Mann und Frau verschieden sind (Bovet [1972] 1981:9). Das wirkt anziehend.

Definition

Eine ‚Erotisierung‘ setzt aktives Handeln voraus und geschieht, wenn jemand in etwas oder in jemanden Erotik hineininterpretiert. Dies kann sich auf Beziehungen, Aktionen, Situationen oder auch Personen beziehen.

Beziehungsgeflecht

Unter‚ Beziehung‘ versteht man erstens die ‚Gesamtheit von Wechselbeziehungen zwischen Menschen, innerhalb von Gruppen, Organisationen, Verbänden‘ und zweitens‚ undurchschaubare Verbindungen‘, die auch zwischen Behörden, Ingenieuren, Landratsämtern, Bürgermeistern oder Firmen möglich sind (Online Enzyklopädie 2013).10 Im alltäglichen Gebrauch werden so bestimmte Relationen zwischen verschiedenen Objekten und Individuen in Beziehung gesetzt.

Als ein Geflecht bezeichnet man ein Produkt, das durch das Ineinanderschlingen (flechten) mehrerer Stränge aus biegsamem Material entsteht. Im übertragenen Sinne kann daher auch von Verflechtungen von Interessen oder Bindungen gesprochen werden. Es entsteht ein Flechtwerk, ein verflochtenes, dichtes Netz. Synonym kann auch von Gewebe, Maschenwerk oder Netzwerk gesprochen werden (siehe auch Müller 1997:286). Das Wort entstand im 15. Jahrhundert als Bezeichnung für eine Kollektivbildung zur Flechte.11

Beziehungsgeflecht in der Mission

Im Rahmen dieses Artikels geht es um verschiedene Beziehungsgeflechte von Missionar/-innen die durch bestimmte soziale Vorstellungen bezüglich der Nützlichkeit und Effizienz, durch eine Ideologie und/oder Ansicht genährt werden.

In Missionssituationen sind die Beziehungsgeflechte Arbeits- und Lebensgemeinschaften inmitten eines fremden Landes, mit einer fremden Sprache in einer fremden Kultur. Die erwachsenen Missionar/-innen sind zu Unwissenden degradiert (dem sie zuerst freiwillig zugestimmt haben) und müssen ganz alltägliche Lebensvorgänge neu lernen.

Sie finden sich auf dem Missionsfeld häufig in einem eingeengten Umfeld mit Mitmissionar/-innen wieder, die als Kolleg/-innen eher willkürlich zusammengestellt sind und die sie sich so nicht unbedingt für einen Freundeskreis ausgesucht hätten.

Das Beziehungsgeflecht in evangelikalen Missionssituationen ist in den letzten Jahren komplizierter geworden, was sich auch darin zeigt, dass der häufigste Grund für vorzeitiges Heimkehren im Scheitern zwischenmenschlicher Beziehungen liegt (Scheunemann 2003:32).

Die deutschen Missionar/-innen sind heute zwar meistens von deutschen Missionsgesellschaften ausgesandt, aber ihr Beziehungsgeflecht ist multinational. Das Lebensumfeld innerhalb der Missionsgemeinschaft ist christlich und daher oft durch hohe Ideale geprägt, findet aber in einem nichtchristlichen kulturellen Umfeld statt. Die persönliche Beziehung zu Gott und die Orientierung an Gottes Wort sind im Umgang der Missionar/-innen miteinander hilfreich, dennoch werden die christlichen Werte immer wieder von den individuellen Eigenarten, Denkweisen, Möglichkeiten und Verletzungen geprägt sein. Um in der Mission leben zu können, bedarf es ‚einer tiefen Willigkeit, voneinander zu lernen, kultureller Verstehenshilfen und viel praktizierter Vergebung‘ (Scheunemann 2003:32).

Das Beziehungsnetz kann dabei stark von einheimischen Missionsgesellschaften und/oder einer dritten Kultur geprägt sein. Die Missionar/-innen arbeiten mit jungen und/oder reifen Christ/-innen und/oder einheimischen, nichtchristlichen Projektmitarbeiter/-innen zusammen und unterstehen zumeist einem Feldleiter oder einer Feldleiterin aus der sendenden Missionsgesellschaft. Durch die Kooperation mit einheimischen oder anderen Missionsgesellschaften unterstehen sie auch der einheimischen Kirchenleitung oder der Leitung durch die Partnermission aus einer dritten Kultur. Gleichzeitig gibt es Beziehungen zur Missionsleitung der sendenden Missionsgesellschaft und heute auch vermehrt den direkten Kontakt zur Leitung der Heimatgemeinde (Scheunemann 2003:32) oder zum Freundeskreis zu Hause (Brandl 2003:48), die auch Erwartungen an die Missionar/-innen haben (Tröger 2003:56).

Ebenso können die Missionar/-innen in die Beziehungsgeflechte zwischen der Leitung der Missionsgesellschaft und den sendenden Heimatgemeinden, dem Freundeskreis der Mission, des/der Missionars/-in und der Feldleitung involviert sein, sowie in die Beziehungen zwischen der Feldleitung, der Missionar/-innengemeinschaft, der einheimischen Kirche und der Kultur des Gastlandes (Brandl 2003:49; Müller 2009:49). Das Beziehungsgeflecht kann für Missionar/-innen hilfreich sein, aber auch spannungsgeladenen und missverständlich.

Ergebnis

Beziehungsgeflechte sind menschliche Verbindungen (Beziehungen) und deren Beziehungsprodukt (Geflecht), in dem mehrere Beziehungsstränge ineinander verflochten sind. Missionar/-innen sind untereinander, in der Gastkultur, innerhalb der Missionsgesellschaft und mit der sendenden Gemeinde und/oder einem Freundeskreis verwoben. Dabei müssen Hierarchien und unterschiedliche kulturelle Hintergründe berücksichtigt werden.

Die Prästudie

Zunächst wurde in einer Prästudie durch leitfadengestützte Interviews mit anschließender qualitativer Inhaltsanalyse nach Mayring (1999) die Relevanz der Untersuchung zu heterosexuell erotisierten Beziehungsgeflechten untersucht. Das Ziel war einen Überblick zu Präventionsmaßnahmen in der aktuellen Missionspraxis zu erhalten. Dazu wurden 63 deutsche, evangelikale Missionsgesellschaften, die sich in der Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Missionen (AEM)12 zusammengeschlossen haben per E-Mail angeschrieben, um herausfinden, wie sich Missionar/-innen in Bezug auf die Erotisierung von Beziehungsgeflechten bei der Missionsarbeit vorbereitet und wie sie begleitet werden.13 Es wurde danach gefragt, was die Missionsgesellschaft den Missionar/-innen im Zusammenhang mit Erotisierung von Beziehungsgeflechten mit auf den Weg gibt und welche Literatur zur Verfügung steht oder empfohlen wird.

Der Rücklauf lässt folgende Schlüsse zu: Die Missionswerke haben den Umgang mit Erotik und Sexualität vor allem vor der Ausreise im Blick. Während eines Auslandaufenthaltes sind die Missionar/-innen stärker auf ihre Eigeninitiative angewiesen und können sich zum Beispiel vertrauenswürdige Gesprächspartner suchen. Bei einigen Missionswerken werden aufkommende Probleme in Seminaren thematisiert. Gleichzeitig ist es schwierig, heterosexuell erotisierte Beziehungsgeflechte im Rahmen der semistrukturierten Interviews, wie sie etwa in psychiatrischen Kliniken vorgenommen werden, abzugreifen, weil auch der Scham Rechnung getragen werden soll. Man kann sich dann leicht vorstellen, dass dabei nicht alles erzählt wird, was die Missionar/-innen tatsächlich beschäftigt.14

Manche Missionswerke gehen offensiv mit dem Thema Sexualität und Erotik um und haben dazu schriftliche Hinweise und Anweisungen. Diese unterscheiden sich in Inhalt und Umfang deutlich, nicht aber in ihren Zielen. Alle Missionsgesellschaften wollen die Mitarbeiter/-innen zu sexueller Reinheit15 und ehelicher Treue animieren. Dennoch wissen manche Missionsgesellschaften nicht, wie sie das thematisieren können. Wenn Sexualität und Erotik in Missionsgesellschaften einer starken Tabuisierung unterliegen und gleichzeitig die soziale Kontrolle innerhalb der Missionssubkultur hoch ist, ist es nicht verwunderlich, dass nicht offen und hilfreich mit beginnender Erotisierung im Missionsbeziehungsgeflecht umgegangen werden kann.

Die empirische Studie

Im Folgenden werden sowohl die Theorie zur empirischen Forschung als auch deren Ergebnisse zu erotisierenden Erlebnissen im Missionarsgeflecht dargestellt. Alle Interviewten waren oder sind aktive Missionar/-innen.

Theorie zur empirischen Forschung

Für die qualitativ-empirische Forschung wurde eine narrative Frageform nach Kaufmann (1999) gewählt, die mit einer induktiven Theorienbildung, der Grounded Theory (Strauss & Corbin 1996; auch Faix 2007), computergestützt ausgewertet wurde (MAXQDA 2013). Bei den narrativen Interviews sollte ein gewisser Sättigungsgrad erreicht werden, so, dass nichts oder kaum mehr Neues aus den Interviews herausgeholt werden kann (Kaufmann 1999:43).

Der Zugang zu den Interviewpartner/-innen geschah auf drei verschiedene Arten:

  1. Zunächst erfolgte ein Aufruf in der Zeitschrift em (evangelikale mission) (Kessler 2012:198),16 bei dem bewusst auf einen konkreteren Hinweis zum Thema ‚erotisierte Beziehungsgeflechte‘ verzichtet wurde, da die Befürchtung bestand, dass die Missionar/-innen durch das Wort ‚erotisiert‘ abgeschreckt werden könnten oder ihre Denkrichtungen nicht zum Ziel dieser Dissertation passten.17 Eine Person meldete sich daraufhin als Interviewpartnerin.

  2. Bei einer Tagung der Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Missionen (AEM) erhielt ich die Möglichkeit das Forschungsvorhaben vorzustellen und um Interviewpartner anzuwerben. Auch hier verzichtete ich auf den Gebrauch des Wortes ‚erotisiert‘. Vier Interviews wurden sofort aufgenommen. Alle vier Proband/-innen erzählten von Erotisierungen im Beziehungsgeflecht, obwohl nur drei mein Forschungsanliegen erkannt hatten. Vier weitere Interviews wurden verabredet.

  3. Obwohl alle Interviewpartner/-innen von Erotisierungen in missionarischen Beziehungsgeflechten berichteten, hätte der Titel des Forschungsprojekts dennoch direkt vor dem Interview genannt werden müssen, da eine Missionarin nachher sagte: ‚Hätte ich das gewusst, hätte ich noch ganz andere Geschichten erzählt.‘18

  4. Ein interviewter Missionar schlug seine Ehefrau als weitere Interviewpartnerin vor, da diese ‚viel mehr betroffen war und es stärker empfunden hat‘ (M3).19 Es folgten weiter Interviewempfehlungen. Diese Missionare habe ich dann aufgesucht und direkt vor der Aufzeichnung das konkrete Forschungsthema genannt.

  5. Nach der zweiten Interviewserie mit insgesamt 11 Interviews war deutlich, dass noch keine thematische Sättigung erreicht worden war. In vielen Gesprächen zu Beginn meiner Forschungsarbeit hatte ich viele verschiedene Geschichten gehört, die sich in den Interviews bisher so nicht widerspiegelten.

  6. Zur dritten Interviewserie nutzte ich eine Liste der zehn größten Missionswerke Deutschlands (Idea 2013:8) und die Kontaktaufnahme erfolgte über die Missionsleiter/-innen. Alle Missionar/-innen wurden vorab per Mail von diesen oder mir über das Forschungsvorhaben informiert.20 Ab diesem Zeitpunkt habe ich mit den für Interviews offenen Missionar/-innen ein telefonisches Vorgespräch geführt. Dabei wurde das Thema der Arbeit genannt und nach diesbezüglichen Erlebnissen gefragt. Bei circa der Hälfe der telefonischen Vorgespräche wurde dann ein konkreter Interviewtermin vereinbart. Alle anderen potentiellen Proband/-innen erklärten, keine Erlebnisse zur Erotisierung im missionarischen Beziehungsgeflecht zu haben oder sie wollten kein Interview geben, weil ihre Informationen aus seelsorgerlichen Gesprächen stammten (zwei Personen). Eine Person lehnte ein Interview ab, weil ihr das Thema zurzeit zu nahe gehe.

  7. Ebenso wurde der Fragestil verändert. Die ersten Interviews waren fragetechnisch etwas eingeengt gewesen durch die Angst, etwas falsch zu machen und die Gespräche möglicherweise zu sehr zu lenken. Den Fragestil aus meinem Berufsalltag als seelsorgerlich-psychologische Beraterin mit in eine wissenschaftliche Arbeit zu nehmen, gelang daher zuerst nur zaghaft. Nun konnte ich mich davon zunehmend befreien und meine individuellen Fragen wurden spezieller, bohrender und zielführender. Das galt besonders für die Interviewteile, in denen es um die Gefühle der Proband/-innen ging. Während der Interviews geschah auch immer wieder, dass die Interviewpartner/-innen weitere Beispiele von Erotisierungen bei sich selbst und anderen schilderten.

Zum Zeitpunkt der Befragung waren die Proband/-innen zwischen 35 und 68 Jahren alt. Während der Zeit, aus der die Erlebnisse stammen waren zehn Missionarinnen Singles, alle anderen (acht Ehefrauen und acht Ehemänner) verheiratet. Singles erzählten mir ganz persönliche Geschichten und sie waren dann besonders offen, wenn sie das Erlebte bereits bearbeitet und reflektiert hatten. Vier Ehepaare wurden gemeinsam interviewt. Dabei wurde die Ehedynamik durch die erotisierten Beziehungsgeflechte viel klarer. Gleichzeitig konnten Mutmaßungen, was jeweils bei dem anderen Partner abgelaufen ist, direkt überprüft werden. Das steigerte wiederum die Qualität. Bei drei Interviews hatten die Eheleute die Situationen vorher schon ausführlich gemeinsam reflektiert und bearbeitet. Das führte insgesamt zu einer großen Offenheit. Bei einem Ehepaar wurden die Partner getrennt interviewt. Drei Ehemänner und drei Ehefrauen wurden ohne die Beteiligung ihrer Ehepartner interviewt. Die meisten Interviews wurden in privaten Settings oder in ungestörten Büro- oder Gemeinderäumen aufgenommen, bei vier Interviews war der Rahmen eher öffentlich (belebte Vorhalle, Eingangsbereich, Restaurant). Die Interviewpartner/-innen kamen aus acht verschiedenen, evangelikalen, deutschen Missionsgesellschaften, die im Dachverband der AEM zusammengeschlossen sind.

Die Interviewdauer betrug zwischen 9:43 und 81:52 Minuten. Die teilweise langen Interviewzeiten ergaben sich daraus, dass es sich um ein intimes und damit heikles Interviewthema handelte. Manche Interviewpartner/-innen konnten ihre Erlebnisse nicht in wenigen Sätzen zusammenfassen. Manchmal hatte ich sogar den Eindruck, dass die Proband/-innen froh waren, die Geschichte endlich einmal jemand erzählen zu können. Es tat ihnen gut, dass ihre schwierigen Erlebnisse einen wissenschaftlichen Nutzen haben könnten. Manche Interviewpartner/-innen erzählten gleich von mehreren Erotisierungen. Eine Interviewpartnerin hatte zum Beispiel drei verschiedene Erotisierungserlebnisse vorbereitet, andere fügten, meist spontan und oft bereits vergessene, weitere Geschichten ein.

Gerade wenn Proband/-innen von beobachteten Geschichten berichten, sollte überprüft werden, ob tatsächliche Erotisierung vorlag oder ob die Erotisierung alleine im Kopf des/der Interviewpartners/-in vorlag war – was ja eine Erotisierung ohne Erotik wäre. Auch das brauchte Zeit. Viele der Interviews bekamen deshalb eine tiefenpsychologische Dimension, die bei der Auswertung nützlich war, die Interviews aber verlängerte. Außerdem brauchten die Probanden/-innen einfach Zeit zum Nachdenken und um Vertrauen aufzubauen.

Häufig war zu beobachten, dass die Interviewpartner/-innen während des Interviews freier wurden und vergaßen, dass das Interview aufgezeichnet wurde. Zuerst achteten sie meist noch intensiv darauf keine Namen zu nennen. Das wurde zunehmend unwichtiger. Manche Interviewpartner/-innen hatten erst durch die Interviewfragen verstanden, was sie wirklich denken beziehungsweise hatten Worte für das gefunden, was vorher ein diffuses Gefühl gewesen war (Fs8 und Fv11). Durch häufiges Zusammenfassen des Gehörten bekamen die Proband/-innen erstens die Möglichkeit zu überprüfen ob sie richtig verstanden worden waren, konnten zweitens korrigieren und drittens Fehlendes ergänzen. Die Interviewpartner/-innen erzählten bereitwillig und eher schonungslos und von ihren unangenehmen Erlebnissen und Fehlern (vgl. Kaufmann 1999:102–103).

Die Interviews wurden digital aufgezeichnet und anschließend nach erweiterten, einfachen Regeln, kommentiert, transkribiert (Mayring 1999:70–73). Gesprochene Dialekte wurden ins Hochdeutsche übertragen (S. 70), nicht sprachliche Signale wie lachen, stottern und husten wurden notiert (S. 71). Nicht verständliche Sätze oder Satzteile wurden mit (…) gekennzeichnet.

Bei der Transkription wurden alle Namen (auch Projektnamen), Länder, Städtenamen, Namen von Missionsgesellschaften und Jahreszahlen anonymisiert. Im christlichen Kontext erkennbare Berufsbezeichnungen oder Bezeichnungen von Gremien wurden in Absprache mit den Interviewpartner/-innen verallgemeinert und an ähnliche Positionen aus der Wirtschaft angelehnt.

Die Daten wurden zunächst mittels ‚offenem Codieren‘ aufbereitet und dazu‚ in einzelne Teile aufgebrochen, gründlich untersucht, auf Ähnlichkeiten und Unterschiede hin verglichen‘ (Strauss & Corbin 1996:44) und in sinnvolle Analyseeinheiten zerlegt (Strauss & Corbin 1996:44–53; Kaufmann 1999:117). Zeitgleich wurde offen, axial und selektiv codiert. Der Vorgang endete mit selektivem Codieren (Flick 2010:387–388).

Gleichzeitig wurden Phänomene dimensionalisiert (Strauss & Corbin 1996:52), Feststecken im deskriptiven Denken mit der ‚Flip-Flop-Technik‘ (64–66)21 überwunden, Festlegungen und absolut formulierte Meinungen mit dem Ziel zu einer wirklichkeitsnahen Abbildung der Missionsrealität zu kommen hinterfragt. Untersuchungseinheiten wurden‚ miteinander verglichen, die ein oder mehrere interessante Kategorien gemeinsam haben‘ (Faix 2007:83) und beim theoretical sampling entstanden aus theoretisch bedeutsamen Merkmalen und Ähnlichkeiten sowie relevanten Unterschieden neue Kategorien.

Die verschiedenen ineinandergreifenden Codierungsprozesse endeten mit 1501 Codierungen in drei Grobkategorien (erotische Beziehungsgeflechte, Folgen der Erotisierung, Prävention und oberflächliche Sortierung) zugewiesen worden waren.22 Der gesamte Prozess wurde wiederholt, dabei verändert, erweitert, ergänzt und neu zusammengesetzt. Der Codierungsprozess endete schließlich mit 1628 Codes. Im nächsten Schritt wurde diese grobe Einteilung nach den Eigenschaften und der jeweiligen Dimension zu Kernkategorien verbunden (Strauss & Corbin 1996:109).

Im Folgenden wird abgebildet, welchen heterosexuellen Erotisierungen im missionarischen Beziehungsgeflechte gefunden wurden.

Erotisierungen im missionarischen Beziehungsgeflecht

Die Erotisierungen im missionarischen Beziehungsgeflecht konnten in fünf Gruppen unterteilt werden:

  1. Erotisierungen durch Vorannahmen und Verallgemeinerungen.

  2. Intrinsische Erotisierungsfaktoren.

  3. Erotisierungen zwischen Missionar/-innen und Einheimischen.

  4. Erotisierungen im kollegialen Beziehungsgeflecht.

  5. Erotisierung, Familienstand und Lebensumstände.

Da unter den Punkten 3–5 die facettenreichsten Ergebnisse gefunden wurden, werden diese ausführlicher beschrieben.

Erotisierung durch Vorannahmen und Verallgemeinerungen

Einige Missionare formulierten die Vorannahme, dass Erotisierungen im missionarischen Beziehungsgeflecht ebenso möglich sind wie in jedem anderen Kontext (FvM5, M10, Fv11, Fs12, Fs19) oder gingen davon aus, dass ‚wenn ein Mann und eine Frau zusammen alleine sind‘ (Fs4, M10) irgendwas ‚passiert‘. Andere sahen Erotisierungen eher als geistliche Anfechtung (Fv9, Fv15, M16). Dass unerwünschte Erotisierungen in der Mission unnatürlich stark tabuisiert sind machte es zusätzlich schwierig, zumal sich beim Leben in der Mission auch die Erotisierungsanfälligkeit verstärken konnte (Fv5, Fv6, Fs8, M10, Fv12, Fs18, Fs19). Unterschiedlich starke Tabuisierung von Erotisierung in den Heimatländern der Missionar/-innen erschwerten die länderübergreifende Zusammenarbeit (Fs12).

Intrinsische Erotisierungsfaktoren

Weitere Ursachen lagen in intrinsischen23 Faktoren, die unterteilt werden können in:

  1. intrinsische Persönlichkeitsaspekte (M5, Fv5, Fs7, Fs8, Fv9, M10, Fv11, Fs12, Fv13, Fs14, FvM16, Fs18, Fv21) (siehe Kessler 2014:219–223).

  2. extrinsische Erotisierung, die durch intrinsische Faktoren begünstigt sind (M5, Fs12, FvM13, Fs14, Fv15, Fs18, Fv21) (siehe Kessler 2014:223–225).

  3. Eifersucht, die berechtigt sein konnte (Fv6, Fs12, M13, M16, FvM16), provozieren wollte (Fv11), aber auch unberechtigt sein konnte (Fs1, Fs18, M20).

  4. Fehlinterpretationen oder das herunterspielen von Anzeichen für Erotisierungen bei sich selbst (Fv6, Fv11, Fs12, Fv13, FvM15, M16) oder anderen (Fv5, Fv6, Fv11, FvM13, Fv21).

  5. mentale (Fv9, Fs12, FvM13, FvM16) oder körperlich vollzogene Seitensprünge (Fv6, Fv11, Fv21). Wobei die mentalen Seitensprünge ausschließlich im Kopf stattfanden und sich auf konkrete Personen beziehen konnten (Fs12, FvM13) oder eher als Option gedacht wurden (Fv9, Fs12, FvM16).24

Erotisierungen zwischen Missionar/-innen und Einheimischen

Laut der Interviews konnten Missionar/-innen in der Gastkultur sowohl das Objekt als auch der Ausgangspunkt von Erotisierungen sein. Beide Richtungen werden im Folgenden dargestellt.

Die Erotisierung durch die Gastkultur bzw. Einheimische

Fast alle Interviewpartner/-innen berichteten von einer Erotisierung durch die Gastkultur. Erotisierungen im Gastland nach Kontinenten:

  • Afrika: Fs4, Fv11, Fs14, Fs19, M20, Fv21.
  • Afrikanisch-islamischer Kontext: Fs7, Fs19.
  • Asien: Fv8, Fv9, M10, FvM16.
  • Europa: FvM13, FvM15.
  • Lateinamerika: FvM5, Fs12, Fs17, Fs18.

Ungenanntes Missionsland: M2, Fv6.

Von der Erotisierung waren Singles (Fs7, Fs8, Fs12, Fs17, Fs18, M20), Ehemänner (Fv6, Fv9, M10, FvM15, FvM16, Fv21) und eine Ehefrau (Fv13) betroffen.

Manche Missionar/-innen erlebten im Gastland eine bis dahin nicht gekannte, starke Erotisierung (Fs12, M16, Fs17, Fs18, Fv21), die stärker als in Deutschland war (Fs12, M16, Fs17). Für einen Interviewpartner war die Herausforderung in Deutschland höher, denn im Gastland wüsste man ‚was geht und was geht nicht‘ (M10). Beziehungsorientierte oder einsame Missionare beschrieben, durch Sorglosigkeit in der Gastkultur Erotisierungen ausgelöst zu haben, obwohl sie keine Erotisierungsabsicht hatten (M13, FvM15).25 Einige Missionar/-innen erkannten die Intensität der Erotisierung erst nach der Rückkehr nach Deutschland, weil sie feststellten, dass das für sie in Deutschland kein so intensives Thema mehr ist (Fs12, M15, Fs18). Erotisierungen im Gastland waren dann besonders herausfordernd, wenn die sexuelle Beziehung in der Ehe durch die Besonderheiten des Missionsfelds geprägt war (Fs18, Fv21)26 oder wenn Singles ausreisten (Fs12, Fs18).

Auch wenn Singlefrauen in männerdominierten Kulturen oft weniger attraktiv wirkten, als ‚anders‘ und fast als asexuell galten (Müller 2013:140), erlebten sie neben personalen Erotisierungen auch grundsätzliche Erotisierung durch die Gastkultur, mit der sie irgendwie umgehen und fertig werden mussten. Gleichzeitig war es schwierig, die erotisierenden Indikatoren und Hinweise der fremden Kultur zu erfassen. ‚Meinen die das jetzt ernst? Oder ist das nicht ernst?‘ (Fs12, Fs7, M16). Man versuchte sich gegen eine Erotisierung zu schützen, dennoch war die erotisierende Atmosphäre allgegenwärtig (Fs4, Fs7, Fs17, Fs18, M20). Die Missionar/-innen setzten sich auch immer wieder mit den (teilweise befremdlichen) sexuellen Praktiken der Gastkultur auseinander und thematisierten diese inhaltlich (M2, M20).

Singles konnten sich im Missionsland in der Öffentlichkeit nicht frei bewegen und brauchten mehr Schutz. Das erotisierte sie (Fs7, M10, Fs18, Fs19). Obwohl Erotisierungen verhindern werden sollten, trugen die geschlechtsspezifischen Umgangsregeln der Gastkultur zu einer Erotisierung bei (M10), wie zum Beispiel das Zusammensein von Mann und Frau ohne Begleitperson, wenn es in der Gastkultur mit einer sexuellen Handlung gleichgesetzt wurde (Fs4, M5, Fs8, M10, Fs14, M15, Fs18, M20, Fv21). Daher wurden solche Situationen vermieden und Erotisierungen geschahen nun durch das Prinzip der ‚offenen Türe‘ (Fs4, M5, Fs8, M10, FvM13, Fs18).

Singlemissionarinnen, die enthaltsam leben wollen, waren in ständiger Auseinandersetzung mit Erotisierungen, weil sich die Menschen der Gastkultur nicht vorstellen konnten, dass Singles ‚sexuell rein‘ sein (F8:72) und gut allein leben konnten.27

,Was erotisiert wird, hängt sehr stark davon ab, was kulturell als Erotisierung oder als erotisch betrachtet wird‘ (M10). Im asiatischen Kontext gilt die Zone zwischen den Beinen als erotisch, weshalb keine Hosen ohne lange Oberteile getragen werden können. Im afrikanisch-muslimischen Kontext führte gerade das, was verdeckt wurde zu einer unterschwelligen Erotisierung (Fs7). In Ostafrika sollte der Rock einer Frau möglichst bis zur Wade gehen. Die Brust wurde als Aspekt des Mutterseins von Erotisierungen ausgenommen (Fv21).

War das Kleidungsverhalten der einheimischen Frauen ‚sehr offenherzig‘ und stilvoll (Fs17, Fv21) weil sie ‚was aus sich machen‘ (Fv21) und Männern gefallen wollten (Fv5) wirkte das besonders stark, wenn die eigene Ehefrau vor allem zweckmäßiges, ‚weites, schlabberiges Zeug‘ trug (Fv21).

In 15 von 21 Interviews berichteten Missionar/-innen von personalen Erotisierungserlebnissen bei sich selbst oder bei anderen. Männer oder Frauen der Gastkultur versuchten Missionar/-innen aktiv zu erobern (Fv5, Fv9, M10, Fs12, Fv13, FvM15, FvM16, Fs18, Fs19, M20, Fv21). Die Missionar/-innen interpretierten, dass für Einheimische eine Beziehung oder Partnerschaft mit Ausländern durchaus attraktiv sei (Fs7, M10, M15, Fs19, Fv21), Halt gebe (M15), als exotisch betrachtet würde (Fv13, M15, Fs17), Missionare als Heiratsoption gelten (FvM15), erst recht, wenn Wunsch nach einem hellhäutigen Baby durch einen weißen Missionar bestehe (Fs17).

Die Erotisierung Einheimischer durch Missionar/-innen

Von Erotisierungen Einheimischer durch Missionar/-innen wurde insgesamt weniger berichtet. Sie geschah wenn Missionar/-innen ständig darüber nachdachten, welches Verhalten in der Gastkultur erotisierend wirken könnte (Fs7, M10, FvM15, M20). Aber auch die Fremdheit der Gastkultur konnte erotisierend wirken (M10, M15, Fs17, Fv21). Einheimische wurden auch erotisiert durch die Vormachtstellung/Leitungsfunktion der (häufig männlichen) Missionare, auf die diese aber wiederum nicht pochten, die andere Hautfarbe und weil männliche Missionare von einheimischen Frauen als zugewandt, sensibel und emphatisch erlebt wurden (Fv21).

Missionar/-innen erotisierten auch Personen der Gastkultur, die sich nicht kulturkonform verhielten (M16), aber auch der Wunsch nach Inkulturation konnte erotisierenden Charakter annehmen; passiv, wenn das Verhalten der eigenen Kultur mit der Zeit als unschicklich empfunden wurde (M10) oder aktiv, wenn die Distanz verloren ging (F11).

Einheimische wurden von Ehemännern (Fv6, FvM15, M16, Fv21), Ehefrauen (Fv11, Fv16) und von Singles (Fs7, Fs17) erotisiert.

Erotisierungen im kollegialen Beziehungsgeflecht

Erotisierungen im kollegialen Beziehungsgeflecht kamen in den Interviews relativ häufig vor (Ausnahmen: Fv6, FvM13, Fv21). Die Erotisierungen geschahen sowohl passiv28 (Fs1, M2, M3, FvM5, Fs7, Fs8, Fv9, M10, Fv11, FvM16, Fs19) als auch aktiv29 (M2, Fs4, FvM5, Fs12, Fs14, FvM15, Fs17, Fs18, Fs19, M20).

Innerhalb deutscher Missionarsgemeinschaften wurde mehr passiv erotisiert. Erotisierungen durch die nordamerikanischen Kolleg/-innen waren mehrheitlich aktiv und manchmal sehr direkt (Tabelle 1):

Für mich war das in dem Moment wirklich Erotik pur … Mir war irgendwie klar, hier geht irgendwas ab. An Blicken, an Gesten und dann mussten wir noch in so einem ganz engen Taxi zusammen fahren und das war schon … boha. … Das hat mich völlig überrascht (Fs12:29–47).

TABELLE 1: Passive oder aktive kollegiale Erotisierung.

Manche Missionar/-innen erotisierten, obwohl sie Erotisierungen durch besonders korrektes Verhalten vorbeugen wollten. Das geschah auch, weil die Missionar/-innen dem christlichen Zeugnis nicht durch Erotisierung im Weg stehen wollten (Fs18) und weil sie kulturelle Faktoren für Erotisierung beachten mussten (Fs4). Dennoch geschahen gerade dadurch Erotisierungen. So nahmen Singles, um Eifersucht zu vermeiden, besonderen Kontakt zur Ehefrau des Missionars auf (Fs4, Fs7, Fs8, Fv9) und andere waren hoch wachsam (M5, Fv11, M15). ‚Neulinge‘ sollten möglichst schnell ‚eingenordet‘30 (Fs4) und sensibel für die eigene Wirkung beziehungsweise das Einhalten entsprechender Regelwerke gemacht werden (M10). Dazu hatten Missionsgesellschaften mündliche Regeln oder ein schriftliches Regelwerk für den Umgang mit dem anderen Geschlecht (Fs18, Fs19). Weibliche Missionarinnen sollten (weder bei Tag und erst recht nicht in der Nacht) mit einem Mann allein in einer Wohnung oder auf Dienstreise sein (Fs4, Fs18, M20, Fv21). Regelbewusstes Verhalten führte dazu, dass Mitmissionar/-innen kontrolliert wurden, denn ‚was mir nicht zugestanden werden kann, das sollen auch andere nicht haben‘ (M10, M20). So wurden Beziehungen erotisiert, um eine Erotisierung der Betroffenen miteinander zu verhindern und neue Missionar/-innen wurden sogleich mit Erotisierungen in Kontakt gebracht.

Der unterschiedliche kulturelle Hintergrund von Missionar/-innen zeigte sich auch, als nordamerikanischen Missionare erstaunt darüber waren, dass das Miteinander von Männern und Frauen in Deutschland normalerweise nicht geregelt wird (Fs19). Ehemänner wurden von ihnen zum Beispiel aufgefordert, jeglichen Körperkontakt, auch Schulterklopfen, bei Singles zu unterlassen um Erotisierungen vorzubeugen (Fs17). So wurde Spontanität eingeschränkt und natürliches Verhalten erotisiert.

Natürlich kann es attraktiv sein, mit Erotisierung zu spielen. Wer jedoch mit Erotisierung spielt, meint es nicht wirklich ernst, fordert aber leichtsinnig eine Gefahr durch die Einleitung eines riskanten Unterfangen ein (Udem 2013). Das geschah auch im missionarischen Beziehungsgeflecht (M2, M5, FvM5, Fv6, Fv11, Fs12, Fv13, M16).

TABELLE 2: Kollegiale Erotisierungen ohne zugrundeliegende Erotik.

Eine besondere Stellung nahm Erotisierung ohne Erotik ein. Dann wurden Personen oder Situationen von dritten erotisiert, obwohl keine tatsächliche Erotisierung oder Erotik vorlag. Manchmal galten alle Mann-Frau-Beziehungen generell als erotisiert (Fs4, M10). Konkrete Ursachen waren der kulturelle Hintergrund der Kollegen (FvM15), Prioritätenverschiebungen des Missionars von der Ehefrau hin zur Singlemissionarin (Fv9, M16) oder grundlose Eifersucht (Fs1, M3, Fs4, Fs7, Fs8, Fv9, Fv16, Fs18, M20). Auffallend war, dass Ehefrauen dazu neigten Singles zu erotisieren obwohl keine Erotik vorlag.

Erotisierung, Familienstand und Lebensumstände

Singlesein wurde in auffallend vielen Interviews thematisiert, egal zu welchem Familienstand die Probanden selbst gehörten (siehe Kessler 2014:208–214). Singles erlebten aus verschiedenen Gründen Erotisierungen durch Ehefrauen (M2, FvM5, Fv9, Fv11, Fs16, Fs21).

Ebenso erotisierten Ehemänner Singles (M2, Fs4, M3, FvM5, Fs7, Fs8, Fv9, Fv11, Fs12, M16 Fs17, Fs18, Fv21). Das Alter von circa 40 Jahren galt als problematische Altersphase, weil Singles dann noch einmal besonders auf der Suche nach einer Partnerschaft seinen, um eine ‚letzte Chance‘ zu nutzen (M3, M5, FvM5, Fs12). Manchmal lagen die Gründe für Erotisierungen in der Missionarsehe. Zu Erotisierungen führten:

  • Schwierige Ehephasen (FvM5, M16, Fv21).
  • Schwierige Sexualität (Fv9, FvM16, Fv21).
  • Unverständnis für die Bedürfnisse des anderen (Fv11, Fv13).
  • Unterschiedliche Aufgaben:
    • Getrennte Weiterentwicklung, fehlende Zeit füreinander (M3, Fv9, Fv13 M16, Fv21).
    • Bedrohung durch Singles, weil diese häufig vorwiegend zum Mann Kontakt hatten (Fv5, Fs7, Fs8, Fv9, M16, Fs18, Fv21).
  • Herausforderung durch Kinder Fv5, Fs7, Fs8, Fv9, Fv11, M15, Fs18, Fs19, Fv21.

Manchmal erotisierten Leiter Singles auf dem Missionsfeld (M5, Fv9, M10, Fv11, Fs14, FvM15, Fs19) oder die Singlemissionarin fühlte sich durch die Beziehung aufgewertet:

Dass sich so jemand in einer so hohen Position für mich … kleine Mitarbeiterin interessieren würde … Wenn das jetzt irgendein anderer gewesen wäre, ich wäre vielleicht nicht ganz so interessiert gewesen (Fs12).

Aber auch die Singles erotisierten (Fs1, Fs4, Fs7, Fs8, M10, Fs12, Fs18, Fs19, M20). Gelegentlich deshalb, weil die Singles in ‚den besten Jahren‘ in der Auseinandersetzung mit ihrer Fruchtbarkeit standen (Fs19), aber auch, weil sie es genossen:

Einerseits habe ich das genossen … weil ich mich ja begehrt fühlte. Und dadurch schön und toll … dein Körper, deine ganze Art. Das ist begehrt. Wirklich begehrt. Wer verliebt ist, kommt zum Leben (Fs12).

Konsequenzen für die Missiologie

Missiologie muss das volle Menschsein und die Authentizität von Missionar/-innen fördern. Das sollte sich auch auf den Bereich der Erotisierung erstrecken. Da das Leben als Christ/-in den Umgang mit Erotisierung, sexueller Versuchung und Versuchlichkeit beinhaltet, bleibt es eine permanente Reise und auch ein Ziel sich zu einer ‚ordinary human person‘ (Saayman 2007:138) zu entwickeln. Die Realität der Inkarnation Christi zwingt dazu genauso missionarisch wie menschlich zu sein. Eine Auseinandersetzung mit menschlicher Erotisierung, Erotisierungsanfälligkeit und Versuchlichkeit und deren hilfreicher Gestaltung zu einer gesunden Weiterentwicklung der Missionar/-innen kann dazu verhelfen und die Authentizität und Vertrauenswürdigkeit von Missionar/-innen erhöhen. Gut wäre es, wenn das Bewusstsein Botschafter/-in Christi zu sein, sich auch in diesen Aspekten des Lebens voll entfalten könnte. Dabei könnte eine Auseinandersetzung mit sexueller Versuchung und Versuchlichkeit im Alten Testament (siehe Kessler 2014:79–104) hilfreich sein um theologisch eine höhere Realitätsnähe zu gewinnen. Die Missionar/-innen werden dann integer wahrgenommen, wenn es ihnen gelingt, sich zu reflektieren und auch zuzugeben, dass sie bei einer Sache oder in einem Lebensbereich in der Entwicklung sind (nach Kritzinger 2005:6–9).

Die Missionswerke und -organisationen haben die Aufgabe die Dienstfähigkeit von Missionar/-innen vorzubereiten, zu fördern und zu erhalten. Dazu sollte in der Missiologie der Umgang mit der Geschlechtlichkeit und deren Auswirkungen in Missionsorganisationen reflektiert und nicht ignoriert werden. Ebenso wäre es hilfreich, wenn mögliche Erotisierungen und Versuchlichkeit in der Vorbereitung bei Missionskandidat/-innen bereits aufgegriffen würden, um Angstbesetztheit zu vermindern und Tabuisierung abzubauen. Missionar/-innen sollten wissen, dass sie sich jederzeit an ihre Missionsorganisationen wenden können und das ihnen von dort qualifiziert Hilfe zu Teil wird. Dazu wäre es notwendig, dass sich Missiolog/-innen und die Leiter/-innen von Missionsorganisationen stärker mit der Möglichkeit von Erotisierungen, Versuchung und Versuchlichkeit theologisch und lebensnah auseinander zu setzen.

Bestätigungen

Konkurrierende Interessen

Die Verfasserinnen erklären hiermit, dass sie keinerlei finanzielle oder persönliche Bindungen haben, die sie beim Schreiben dieses Artikels beeinflussten.

Beiträge der Autoren

Dieser Artikel ist ein Auszug der Doktorarbeit von M.K. unter der Co-Supervision von C.L.

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Footnotes

1. Dieser Artikel präsentiert die Teilergebnisse der Doktorarbeit ‚Missionarinnen in heterosexuell erotisierten Beziehungsgeflechten. Eine theologisch-soziologische Untersuchung in deutschen, evangelikalen Missionsgesellschaften‘ (Kessler 2014). Die Supervisoren waren Prof Willem Saayman und Prof Christina Landman. Besondere Würdigung erhält Prof Saayman, der im Mai 2015 plötzlich verstarb. Ihm war das Thema dieser Doktorarbeit ein großes Anliegen. Er hat mich mit viel Engagement gefördert.

2. Damit die Befragten möglichst viel Freiraum haben, werden die Proband/-innen aufgefordert, frei zu erzählen und die Inhalte im Gespräch zu entwickeln (Hopf 2004:355). Dabei werden sie möglichst wenig gelenkt. Obwohl passiv-narrative Interviews ohne detaillierte Leitfäden geführt werden, sind Ausgangfragen formuliert. Für die Interviews der DTh:

  • Was für Erotisierungen haben Sie/hast du in Ihre/deiner aktiven Missionar/-innenzeit erlebt?
  • Welche Folgen hatte die Erotisierung für die Mission?
  • Was wäre in der Situation hilfreich gewesen?

3. In diesem Artikel wird weitgehend das im Deutschen eher neue Wort Singles benutzt, um Menschen zu beschreiben, die jenseits einer Paarbeziehung leben (Kaufmann 2006:306). Der Begriff ledig ist nicht eindeutig, weil auch ledig ist, wer nicht verheiratet ist und in einer Beziehung, im Sinne eines unverheirateten Zusammenlebens lebt (S. 304-305). Allerdings werden die Begriffe ledig und Single im christlichen Kontext häufig synonym benutzt, weil man davon ausgeht, dass ledige Menschen als Singles leben. Möglich wäre auch die Bezeichnung alleinstehende Frauen. Da dies jedoch negativ besetzt ist, weil dabei Einsamkeit und möglicherweise ein Hinweis auf ein schwaches soziales Beziehungsnetz mitschwingt (S. 305), wird in diesem Artikel darauf verzichtet.

4. Im Folgenden sind mit ‚Ehefrauen‘ immer verheiratete Missionarinnen, mit ‚Ehemann‘ immer verheiratete Missionare und mit ‚Singles‘ immer weibliche Singles gemeint. Zwei Singlemissionare, die zum Interview bereit gewesen wären wurden nicht interviewt, da sich ihre heterosexuellen Erotisierungserlebnisse auf Singlefrauen bezogen.

5. Alles ist anders und neu. Das führt zu Stress (siehe auch Wagner 2004).

6. Zwischenmenschliche Probleme werden als geistliche Probleme betrachtet und dann eher indirekt (z.B. mittels einer Bibelarbeit) angesprochen.

7. In deutschen theologischen Wörterbüchern werden die Worte ‚Erotik‘ und ‚erotisch‘ nicht aufgegriffen.

8. Das Wort erotisch wurde im 18. Jahrhundert aus dem Französischen érotique ins Deutsche übernommen.

9. Wenn auch Buber nicht speziell von Männern und Frauen, sondern von Menschen im Allgemeinen schreibt, so meine ich dennoch, dass seine Ausführungen dem‚ Erkennen‘, wie man es sich vorstellen und erst im Vollzug wissen kann, nahekommen.

10. Beziehungen beinhalten Verbindungen, soziale Beziehungen, Lebensgemeinschaft, Verhältnis, Freundschaft, Partnerschaft, Liebesbeziehung, Kontakt anbahnen oder herstellen, Gemeinschaft, Vetternwirtschaft oder auch allgemein Verbindungen (Müller 1997:130; Wiktionary 2013).

11. Mittelhochdeutsch: vlehte = Flechtwerk, Geflochtenes.

12. Die Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Missionen (AEM) ist seit 1974 ein eingetragener Verein und ein ‚Zusammenschluss von über 90 Missionsgesellschaften und Ausbildungsstätten aus dem Bereich der evangelischen Landeskirchen, Landeskirchlichen Gemeinschaften und Freikirchen. Sie betreut zurzeit weltweit über 3.500 Mitarbeiter und arbeitet auf der Glaubensgrundlage der Deutschen Evangelischen Allianz‘ (Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Missionen 2012).

13. Bei der Befragung wurden solche Missionsgesellschaften ausgeschlossen, die vorwiegend in Deutschland tätig sind und Ausbildungsstätten, die eher allgemein theologische Weiterbildung anbieten. Manche Missionsgesellschaften unterstützen vor allem Einheimische. Darüber hinaus wurden folgende missionsaktive Organisationen angeschrieben: Arbeitskreis für evangelikale Missiologie (AfeM), Akademie für Weltmission (AWM), Stuttgart, deutscher Zweig von Member care, psychiatrische Fachklinik Hohe Mark des Deutschen Gemeinschafts-Diakonieverbandes GmbH Marburg, Oberursel, De´ignis-Fachklinik, Deutsches Institut für Jugend und Gesellschaft (DIJG), Neue Hoffnung, Marburg, Tumaini Counselling Centre, Nairobi, Weisses Kreuz, Kassel, Seelsorgeabteilung von Wycliff Deutschland, Burbach-Holzhausen.

14. So der Oberarzt Dr. Andreas Richter der Klinik Hohe Mark, Oberursel bei einem Telefoninterview 2011.

15. Sexuelle Reinheit wird folgendermaßen definiert: Verheiratete haben ausschließlich sexuellen Kontakt mit dem/der Ehepartner/in, Singles verzichten auf partnerschaftliche Sexualität.

16. Die Zeitschrift erscheint vierteljährlich mit einer Auflage von 1000 Stück. Mitglieder der AfeM erhalten em automatisch, darüber hinaus kann sie abonniert werden.

17. Meine Erfahrung war, dass Worte mit dem Wortstamm ‚Erotik‘ leicht Phantasien auslösen. Sehr schnell wurde über den Umgang mit Pornographie, sexuelle Grenzüberschreitung oder Ausschweifungen, Inzest, Homosexualität unter anderem nachgedacht.

18. Mündlich von Interviewpartnerin Fs1, bei einem Telefonat zur Freigabe des Interviews am 22.03.13.

19. Die Interviews wurden folgendermaßen anonymisiert: Geschlecht (F = Frau, M = Mann, FvM =Eheleute), bei Frauen der jeweilige Familienstand (s = Single oder v = verheiratet) und mit einer fortlaufenden Nummerierung (Fs1 bis Fv21).

20. Informiert wurde darüber, dass in der Forschungsarbeit eine Facette der Beziehungsdynamik zwischen männlichen und weiblichen, Single und Verheirateten untersucht wird.

21. Bei der ‚Flip-Flop-Technik‘“ wird das deskriptive Denkkonzept durchbrochen in dem man sich das Gegenteil des aktuellen Ergebnisses vorstellt. So gelangt man zu neuen Denkansätzen und folglich zu weiteren Erkenntnissen.

22. Es kamen noch ‚weitere unerwünschte Erotisierungen‘ hinzu. Die Missionar/-innen erzählten von Erotisierungen die nicht im Fokus der Forschungsarbeit lagen (z.B. erotische Beziehungen von Einheimischen untereinander in Fs4, FvM5, M10, Fs19).

23. Eine Person ist intrinsisch motiviert, wenn sie von innen heraus, aus eigenem Antrieb, durch Interesse an etwas, dem in der Sache oder in einem Menschen liegenden Anreiz folgt (Duden 1994:655). Im Gegensatz dazu meint ‚extrinsisch‘ einer Anregung, einem Antrieb von außen zu folgen (Duden 1994:447).

24. Frauen verstehen unter ‚Fremdgehen‘, wenn sie ein inniges, platonisches Verhältnis zu einem anderen Mann aufgebaut haben (Runte 2002:82–83).

25. Bei FvM15 reagierte vor allem ein amerikanischer Missionarskollege.

26. Zum Beispiel durch eine hohe Belastung durch die Beschulung der Kinder, körperliche Schwäche durch eine starke Gewichtsabnahme aufgrund der klimatischen Bedingungen oder eine enge Zusammenarbeit zwischen Ehemann und Single.

27. Manche Singles schützen sich vor sexuellen Übergriffen oder Erotisierungen damit, dass sie behaupten, sie hätten Ehemänner und Kinder, die jenseits der Grenzen wohnten. Allerdings müssen sie dann erstens damit zurechtkommen, die Unwahrheit gesagt zu haben und zweitens spielen sie Erotik vor, die sie nicht leben (Müller 2013:138). Sie schützen sich vor sexuellen oder erotisierenden Übergriffen, indem sie so taten, als würden sie in einer sexuellen und erotischen Beziehung leben. Das befreit nicht wirklich.

28. Passive Erotisierung fanden vor allem im Kopf des/der Missionars/-in oder subtil statt. Dann wurden Verhaltensweisen mit Erotik verbunden, die man auch anders interpretieren könnte.

29. Aktive Erotisierung beschreibt aktiv-erotisierendes Eingreifen durch Kolleg/-innen.

30. Wenn zwei Objekte in gleicher Weise ausgerichtet werden sollen, spricht man von eingenorden.



Crossref Citations

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