Abstract
The function of מַלְאָךְ in Job 33:23–24. In his first speech in the Book of Job (Job 32:6b–33:33), Elihu addresses, among other things, the God-ordained upbringing of human beings (33:14–30). In addition to dreams and visions (33:15–18), persistent pain can also educate people (33:19–22). In describing this education, Elihu surprisingly mentions a מַלְאָךְ [messenger, angel] who appears and mediates between God and the person who is suffering (33:23–24). As this passage presents some difficulties on text-critical, grammatical, and semantic levels, the role of the מַלְאָךְ has been interpreted differently by commentators to date. This article deals with the question of what function the מַלְאָךְ takes on in Job 33:23–24. The aim is to offer a coherent solution to the textual difficulties and to define the role of the מַלְאָךְ in the educational process. Acknowledging that various possibilities can lead to different interpretations, the article presented here is that in this passage, an angel mediates between God and humans by instructing them about a godly way of life and interceding for them before God, so that they can be saved from imminent death.
Intradisciplinary and/or interdisciplinary implications: This article examines an aspect of the Book of Job that has received relatively little attention in Old Testament research. It thus contributes to the discussion about the significance of Elihu’s speeches in the book.
Keywords: angel; Job; Elihu; mediator; intercessor; ransom; sincerity; mercy; education.
Einleitung1
In der Komposition des Buches Hiob überraschen die Reden Elihus (Hi 32–37). Nachdem die Diskussionen mit den drei Freunden Hiobs ins Leere gelaufen sind und Hiob bis zuletzt seine Unschuld beteuert hatte (Hi 31), wäre nun die Antwort Gottes auf Hiobs Treuebeteuerung zu erwarten. Diese Antwort lässt aber noch auf sich warten. Zuvor ergreift Elihu das Wort. Elihu hatte nach eigenen Angaben bis dahin geschwiegen, weil er der Jüngste unter den Rednern war (32,6b–33,7). Er legt in seinen Reden einen Schwerpunkt auf die Deutung des Leides als gottgewirkte Erziehung, die den Menschen zukunftsgerichtet formen soll (33,14–30; 34,17–30; 36,5–15). In der dafür besonders signifikanten Textstelle 33,14–30 benennt er Träume und Visionen (33,15–18) sowie anhaltende Schmerzen (33,19–22) als Mittel, durch die Gott zum Menschen spricht. In diesem Erziehungsgeschehen tritt unerwartet ein מַלְאָךְ auf, der zwischen dem von Leid getroffenen Menschen und Gott vermittelt (33,23–24). Dieser Auftritt bringt die Wende im Leben des Menschen, da dieser anschließend eine Wiederherstellung seines Körpers und der Beziehung zu Gott erfährt (26–28). Diesen Prozess der Erziehung stößt Gott mehrmals an, um zu dem Menschen zu reden und ihn vor seinem Tod zu retten (33,14.29–30).
In der gesamten Passage 33,14–30 greift Elihu gleich mehrere Aspekte auf, die in der Diskussion zwischen Hiob und seinen Freunden (vgl. Hi 4–25) bisher nicht thematisiert wurden. Das Leiden wird von Elihu als von Gott initiiert gedeutet, das erzieherisch und damit zukunftsorientiert am Menschen wirken soll. Zwar benannte Eliphas in Hi 5,17–18 ebenfalls die Zurechtweisung Gottes als erzieherisches Mittel Gottes, allerdings ist sowohl eine konkrete Darstellung des Erziehungsgeschehens als auch die Verbindung von Leid mit der Umkehr zu Gott nur von Elihu in Hi 33,14–30 gegeben. Darüber hinaus sind Träume als Erziehungsmittel und das Auftreten des מַלְאָךְ einzigartig in diesem Textabschnitt.
Letzteres wird in diesem Artikel aufgegriffen und näher untersucht. Die Forschungsfrage dieser Untersuchung lautet: Welche Funktion nimmt der Engel in Hi 33,23–24 ein? Damit soll ein Beitrag zu der Erforschung der Reden Elihus geleistet werden.
Elihu und seine Funktion im Buch Hiob
In der Forschung beschäftigte man sich bisher bezüglich der Reden Elihus überwiegend mit zwei Fragen: 1. Gehören die Reden Elihus zum ursprünglichen Bestand der Hiobkomposition? 2. Wie ist Elihu als Redner zu bewerten?
Nachdem die Reden Elihus über lange Zeit als sekundärer Einschub galten, werden neuerdings wieder einige Versuche unternommen, sie als ursprünglichen Bestandteil des Hiobbuches zu sehen.2 Auch in der Frage, wie Elihu als Redner zu beurteilen ist, gehen die Ansichten in der Forschungsgeschichte auffällig weit auseinander.3 Je nachdem, ob Elihus Reden als ursprünglich oder später hinzugefügt, bzw. sein Beitrag als gewichtig oder belanglos angesehen wird, fällt auch die Interpretation der einzelnen Textstellen recht unterschiedlich aus. In der speziellen Betrachtung von Hi 33,23–24 herrschte lange Zeit weitestgehend Konsens darüber, dass der מַלְאָךְ ein Engel ist, der zwischen Gott und Mensch vermittelt. Wenn der von Leid getroffene Mensch zu Gott umkehrt, findet er eine Befreiung von seinen Schmerzen.4
Eine etwas andere Position vertritt hingegen Pilger in ihrer Dissertation ‚Erziehung im Leiden‘ (Pilger 2010). Sie sieht den מַלְאָךְ zwar ebenfalls als einen Engel und Mittler zwischen Gott und Mensch, nimmt aber an, dass die Befreiung des Menschen nicht auf dessen Umkehr, sondern auf die Fürsprache des Engels zurückzuführen ist. Während der Vers 25 beschreibt, wie der Mensch wiederhergestellt wird, versteht Pilger den darauffolgenden Vers 26 als ebenfalls der Interaktion des Engels zugehörig. Zuletzt ist von Andersen (2015) die Position vertreten worden, dass der מַלְאָךְ kein höheres Wesen, sondern lediglich ein Mensch ist.
Zusammenfassend kann gesagt werden: In der aktuellen Forschung werden die Reden Elihus weiterhin überwiegend als sekundär verortet. Für die Bewertung seines Beitrags in der Hiobgeschichte hingegen findet sich eine große Bandbreite an Meinungen. Dies lässt sich auch auf die Interpretation der einzelnen Textstellen übertragen, so dass sich für Hi 33,23–24 ebenfalls unterschiedliche Auffassungen finden.
Der ‚Engel‘
Der masoretische Text (MT) der Biblia Hebraica Stuttgartensia bildet die Grundlage für die Annäherung an die Forschungsfrage. Nach einer eigenen Übersetzung sind fünf Fragen formuliert, die sich im Zusammenhang mit der Textstelle ergeben. Diese Fragen werden einzeln betrachtet, indem verschiedene Lösungsansätze skizziert und anhand verschiedener Kriterien abgewogen werden. Hierzu zählt unter anderem, wie sich die Interpretation in den näheren Kontext von 33,14–30, aber auch in den Kontext der gesamten Hiobkomposition einfügt. Des Weiteren wird anhand der Grammatik, der Semantik und der Verwendung von Begrifflichkeiten in anderen gesamtbiblischen Zusammenhängen abgewogen, welche Interpretation dem hebräischen Textbestand am nächsten kommt. Nicht zuletzt kann auch anhand der Septuaginta (LXX) das antike Verständnis der Textstelle in die Interpretation miteinfließen.
Text der Biblia Hebraica Stuttgartensia:
אִם־יֵשׁ עָלָיו מַלְאָךְ מֵלִיץ אֶחָד מִנִּי־אָלֶף לְהַגִּיד לְאָדָם יָשְׁרוׄ׃ 23
וַיְחֻנֶּנּוּ וַיֹּאמֶר פְּדָעֵהוּ מֵרֶדֶת שָׁחַת מָצָאתִי כֹפֶר׃ 24
Eigene Übersetzung
23 Wenn es für ihn einen Engel5 gibt, einen Fürsprecher, einer aus Tausend, um bekannt zu geben dem Menschen seine Aufrichtigkeit6
24 Und er erbarmt sich und er sagt: Kaufe ihn los7 vom Hinuntergehen [in die] Grube, ich habe ein Lösegeld gefunden.
Diese Verse gehören zu den ‚textlich, literargeschichtlich und motivisch umstrittensten Stücken im Hiobbuch‘ (Witte 2021:518). Um die Funktion des מַלְאָךְ beschreiben zu können, müssen daher einige Fragen beantwortet werden. Die Anordnung der Fragen richtet sich nach der Abfolge des hebräischen Textes:
Wer ist mit מַלְאָךְ gemeint? (23a)
Was bedeutet מַלְאָךְ in diesem Textzusammenhang? (23b)
Was ist das Subjekt von 33,24? (24a)
Worin besteht das כֹּפֶר‚Lösegeld‘? (24b)
Gehört der Vers 26 noch zu der Interaktion des Engels? (26)
Nachdem diese fünf Fragen einzeln diskutiert und beantwortet wurden, kann anhand der Ergebnisse unter‚ 6. Schlussfolgerung‘ die Rolle des מַלְאָךְ definiert werden.
Wer ist mit מַלְאָךְ gemeint?
Das gesamte Konditionalgefüge 33,23–24 wird in Vers 23a mit אִם in der Protasis eingeleitet und gibt damit die Bedingung für die Apodosis in Vers 24 an, es besteht somit ein realer Konditionalfall (vgl. Siebenthal & Lettinga 2016:404). Das Auftreten des מַלְאָךְ ist folglich nicht zwingend gegeben, sondern bleibt lediglich eine Eventualität. Diese konditionale Einleitung von Vers 23 mit אִם־יֵשׁ ‚wenn es gibt‘ zeigt zudem auf, dass es sich bei dem מַלְאָךְ nicht um einen persönlichen Schutzengel handeln kann (vgl. Horst 1968:256).
Das Handwörterbuch zum Alten Testament gibt für מַלְאָךְ die Grundbedeutung ‚Bote, Gesandter‘ an. Damit ist entweder ein profaner bzw. politischer Bote gemeint oder es handelt sich um einen Boten Gottes und somit einen Engel (Gesenius u.a. 2013:679).8 Beide Möglichkeiten sind diskutiert worden: Andersen (2015:85) geht in seinem Artikel ‚The Elihu speeches – Their Place and Sense in the Book of Job‘ davon aus, dass in 33,23 ‚a common yet unusual man who preaches the true word of God […]‘gemeint ist. Er nimmt an, dass sich Elihu selbst in dieser vermittelnden Rolle sieht, auch wenn Elihu dies nicht explizit in seiner Rede äußert. Drei Beobachtungen lassen aber ein übernatürliches Wesen als wahrscheinlicher gelten: Der מַלְאָךְ steht in direkter Kommunikation mit Gott, was Elihus weiteren Ausführungen zufolge (vgl. 35,2–7.13–14) vom Menschen nicht ohne weiteres gesagt werden kann. Außerdem bildet der מַלְאָךְ aus Vers 23 das Gegenstück zu den מְמִתִים ‚Tötenden‘ aus Vers 22, welche zwar nicht mit letzter Sicherheit, aber dennoch sehr wahrscheinlich höhere Wesen darstellen.9 Zuletzt bezeugt die LXX in Vers 23 mit dem Ausdruck χίλιοι ἄγγελοι θανατηφόροι‚ Tausend todbringende Engel‘ ebenfalls höhere Wesen, auch wenn diese Stelle offensichtlich stark umgedeutet wurde.10 Diese Argumente lassen es als wahrscheinlich gelten, dass mit מַלְאָךְ ein höheres Wesen und damit ein Engel gemeint ist.
Die weitere Bestimmung des Engels als מֵלִיץ ‚Fürsprecher, himmlischer Vermittler‘ ist einmalig im AT (vgl. Gesenius u.a. 2013:609)11 und lässt bereits darauf schließen, dass dem Engel eine positive Funktion in der Textstelle zukommt. Diese wird dann in den Versen 23b–24 weiter ausgeführt (siehe unten). Ein positives Verständnis eines Engels als Fürsprecher steht im auffälligen Kontrast zu der übrigen Nennung von Engeln im Buch Hiob, bei denen diese stets negativ konnotiert sind: In zwei Fällen (4,18; 15,15) dient ihre Erwähnung dem Argumentationsgang, dass, wenn Gott den Engeln gegenüber schon misstrauisch ist, der unreine und sterbliche Mensch erst recht kein Vertrauen von Gott erwarten kann. Damit werden die Engel zwar ebenfalls als höhere Wesen gegenüber dem Menschen deklariert, zugleich aber auch als fehlerhaft und unvollkommen dargestellt. In einer weiteren Textstelle Hi 5,1 wird das Bild über die Engel von Eliphas erweitert. Die Bezeichnung als קְּדֹשִׁים ‚Heilige‘ (wie auch in 15,15) drückt ihre Nähe zu Gott aus. Der Mensch kann sich in seiner Not an sie wenden, auch wenn dies vergeblich ist. Wehklagen und Rufen, wie es Hiob in Kapitel 3 unternimmt, bewegt Eliphas zufolge die Engel nicht zu einer Antwort.
In 33,23a findet sich zuletzt der erweiternde Zusatz אֶחָד מִנִּי־אָלֶף ‚einer von Tausend‘, was zunächst auf eine große Engelschar schließen lässt. Eine Vielzahl von Engel finden sich öfters im AT (vgl. Gen 28,12; 32,2f; Jos 5,14f; 2Kö 6,17; Dan 7,10) (Fohrer 1988:460). Die spezielle Formulierung, dass es sich um ‚einen von Tausend‘ handelt, deutet darauf hin, dass hier nicht ein bestimmter Engel mit einem besonderen Amt gemeint ist, sondern dass er lediglich einer von vielen ist.
Was bedeutet יֹשֶׁר in diesem Textzusammenhang?
Die erste Tätigkeit des Engels wird in Vers 23b beschrieben: Er teilt dem Menschen seine יֺשֶׁר mit. Das hebräische Handwörterbuch schlägt in Hi 33,23 als Übersetzung ‚Pflicht‘ (Gesenius u.a. 2013:513) vor, womit der Engel eine Aufgabe an den Menschen heranträgt. Diese Pflicht, die dem Menschen mitgeteilt wird, könnte in der Umkehr von seinen Sünden bestehen.12 Allerdings wird bei einer näheren Betrachtung der Textstellen mit יֺשֶׁר im Buch Hiob ersichtlich, dass die Bedeutung ‚Pflicht‘ eher unwahrscheinlich ist:
Das verwandte Adjektiv יָשָׁר findet sich im Prolog in Hi 1,1.8; 2,3 zur positiven Charakterisierung Hiobs durch den Erzähler und durch Gott. Elihu spricht in der Einleitung seiner Reden von der יֹשֶׁר־לִבִּי‚ Aufrichtigkeit meines Herzens‘ (33,3), um seine Worte als richtig und rein zu markieren. Auch der vom Leid befreite Mensch sagt über sich selbst, dass er יָשָׁר verdreht hat (33,27). Diese Belege im Buch Hiob legen auch in 33,23 als Bedeutung von יֺשֶׁר einen‚ göttlichen Willen gemäßen Lebenswandel‘ (Fohrer 1988:459) nahe, die dann mit‚ Aufrichtigkeit‘ übersetzt werden kann. Dass der gezüchtigte Mensch in der Textstelle Hi 33,14–30 eine gottgefällige Aufrichtigkeit nötig hat, wird an seinen Handlungen und seinem Stolz in Vers 17 ersichtlich.13 Demzufolge belehrt der Engel also den Menschen, was ein gottgewollter Lebenswandel beinhaltet. In der Mittlerfunktion des Engels bildet die Belehrung des Menschen die erste Aufgabe, die zum Menschen gewandt ausgeführt wird.
Was ist das Subjekt von 33,24?
Der anschließende Vers 24 wird mit וַיְחֻנֶּנּוּ‚ und er erbarmt sich über ihn‘ eröffnet. Für das Subjekt sind zwei Möglichkeiten zu diskutieren: Entweder wird der Engel als Subjekt aus Vers 23 beibehalten, oder es liegt ein Subjektwechsel vor, so dass אֵל‚ Gott‘ aus Vers 14 als Subjekt anzusehen ist. Für die erste Möglichkeit spricht, dass für gewöhnlich das Subjekt aus dem vorangegangenen Vers aufgenommen wird. Die darauffolgende wörtliche Rede des Engels richtet sich dann an Gott, was auch mit der Rückführung der Rettung auf Gott in Vers 29 übereinstimmt.14 Für die zweite Möglichkeit spricht, dass das Verb חנן im Alten Testament zumeist Gott als Subjekt hat (vgl. Gesenius u.a. 2013:373) und an keiner anderen Stelle auf einem Engel bezogen wird. Demnach spricht Gott zum Engel und bittet ihn um die Befreiung des gezüchtigten Menschen.15 Die Verwendung von חנן könnte allerdings auch als eine spezielle Beziehung zwischen den beiden Akteuren aufgefasst werden: ‚Die Verwendung des Gottesprädikats mit dem Engel als Subjekt zeigt an, dass das Handeln des Engels eindeutig Gott untergeordnet ist‘ (Pilger 2010:155).
Die Grammatik und der erweiterte Kontext lassen den Engel als Subjekt etwas wahrscheinlicher wirken. Demzufolge erbarmt sich der Engel über den Menschen und bittet Gott darum, den Menschen vom Hinuntergehen in die Grube, was bildhaft den Tod beschreibt, loszukaufen. Unabhängig von der Subjektbestimmung bleibt festzuhalten, dass der entscheidende Vorgang zur Errettung des Menschen zwischen Gott und dem Engel erfolgt.16
Worin besteht das כֹּפֶר ‚Lösegeld‘?
Um den Menschen von seinem bevorstehenden Tod loszukaufen, wird in Vers 24b von dem Engel ein כֹּפֶר ‚Lösegeld‘ gefunden. Die Kombination mit מצא ‚finden‘ ist einmalig im Alten Testament (Witte 2021:159), was die Interpretation erschwert. Der Begriff כֹּפֶר findet sich in zwölf weiteren Bibelstellen (vgl. Gesenius u.a. 2013:568): An zwei Stellen wirkt das כֹּפֶר im Kontext der Gesetze Israels für die Auslösung eines verwirkten Lebens (Ex 21,30; Nu 35,31–32). In Ex 30,12 und Spr 13,8 wird כֹּפֶר für die Bewahrung des eigenen Lebens gezahlt. Im übertragenen Sinn wird in Jes 43,3 mit dem כֹּפֶר Israel aus dem Exil losgekauft. Der Begriff wird zudem bildhaft in Ps 49,8 und Spr 21,28 verwendet. Als eine weitere Bedeutung kann כֹּפֶר‚ Bestechungsgeld‘ bedeuten, was in 1Sa 12,3; Am 5,12; Sir 46,19; Spr 6,35 und möglicherweise auch in Hi 36,18 vorliegt. Die Parallelstellen im AT zeigen, dass ein Lösegeld, das an Gott gezahlt wird, in Hi 33,23 einmalig ist. Sofern hier keine Bestechung gemeint ist, was im Hinblick auf die himmlische Interaktion zwischen Gott und dem Engel als unwahrscheinlich gilt, so dient das כֹּפֶר zur Auslösung einer Person aus einer für ihn misslichen Situation. Für den Inhalt des כֹּפֶר lassen sich in der Literatur drei Lösungsansätze ausmachen:
Der erste Ansatz besteht darin, das כֹּפֶר als einen himmlischen Gnadenschatz zu verstehen, der durch gute Taten aufgefüllt wird und auch anderen Menschen zugutekommen kann. Demnach ist nicht die Erziehung im Leiden, sondern Gottes unerwartetes Eingreifen zur Rettung des Menschen das eigentliche Thema der Textstelle. Diese Auffassung überzeugt aber wenig im Hinblick auf eine intertextuelle Betrachtung von כֹּפֶר [siehe oben] und den unmittelbaren Kontext, in welchem dem Menschen seine Aufrichtigkeit mitgeteilt und seine Gerechtigkeit zurückgegeben wird (Pilger 2010:160).
Das כֹּפֶר kann außerdem als die‚ […] Bußfertigkeit des Sünders in Sündenerkenntnis und Reue als Wirkung der Mittlertätigkeit des Engels […] ‘(Weiser 1980:224) aufgefasst werden. Dieses Verständnis deckt sich damit, die יָשָׁר in Vers 23b als‚ Pflicht‘ aufzufassen, welche in der Umkehr des Menschen besteht. Diese Umkehr des Menschen nach der Interaktion des Engels ist demzufolge der Beweggrund, ihm gegenüber gnädig zu sein und ihn zu befreien. Das Lösegeld wird damit zu einer Vorwegnahme dessen, was der Mensch in 26a tut und er in 27b über sich selbst aussagt.17
Eine letzte Möglichkeit besteht darin, das כֹּפֶר als die Fürsprache des Engels aufzufassen. Diese Fürsprache findet in Hi 42,8–10 durch das Eintreten Hiobs für seine Freunde vor Gott eine Parallele.18 Ob das Eintreten eines Fürsprechers an sich oder der Inhalt der Fürsprache das Lösegeld darstellt, bleibt hierbei nicht eindeutig auszumachen (Witte 2021:521). Wird das Lösegeld, also die Fürsprache des Engels, von Gott angenommen, dann findet die Umkehr in 26a nicht vor, sondern erst nach der Errettung des gezüchtigten Menschen statt. Dies würde eine chronologische Schilderung der Geschehnisse von 33,23–28 beibehalten.
Vor allem vor dem Hintergrund der Wurzel, von der כֹּפֶר abgeleitet ist, und im Hinblick auf die Parallele zu Hi 42,8–10 ist diese letzte Möglichkeit die wahrscheinlichere Auffassung.19 Das Wort כפר bedeutet “bedecken, zudecken” oder “sühnen” (Gesenius u.a. 2013:566). Es kann im profanen Sinn verwendet werden, um das Beschwichtigen oder Versöhnen einer Person zu bezeichnen (Prv 16,14; Gen 32,21 u.ö.). Gegenüber Gott meint es die Versöhnung für Sünden. Immer geht es also darum, dass jemand für eine andere Person eintritt und deren schuldhaftes Verhalten ausgleicht.
Gehört Vers 26 noch zu der Interaktion des Engels?
Schließlich muss noch die Frage beantwortet werden, ob V.26 noch zu der Interaktion des Engels gehört. In diesem Fall müsste er bei den Überlegungen zur Funktion des מַלְאָךְ mitberücksichtigt werden. Nach unserer Ansicht ist dies jedoch nicht der Fall. Dies soll im Folgenden kurz begründet werden.
In Vers 25 wird beschrieben, wie der durch Leid erzogene Mensch körperlich wiederhergestellt wird: ‚Sein Fleisch wird frischer sein als in der Jugendkraft; er wird zurückkehren zu den Tagen seiner Jugend‘. (REB). Hier ist in der zweiten Vershälfte (25b) zweifellos der von Leid getroffene Mensch Subjekt des Satzes. In anschließenden Vers 26a wird mit יֶעְתַּר אֶל־אֱלוֹהַּ [zu Gott] eingeleitet. Das Subjekt ist hierbei ausgelassen, so dass nicht eindeutig ist, wer sich im Gebet an Gott wendet. Hierfür lässt der Kontext zwei Möglichkeiten offen:
Die erste Möglichkeit besteht darin, dass der Engel aus Vers 24 als Subjekt aufgegriffen wird. Dann bittet dieser erneut für den Menschen. Als Argument für diese Position dient die Verwendung des Verbes עתר im Qal, das in seinen weiteren Belegstellen, ohne Gott als Subjekt, immer dann verwendet wird, wenn eine Person für eine andere Person vor Gott bittet (vgl. Gen 25,21; Ex 8,26; 10,18; Ri 13,8).20
Die zweite Möglichkeit besteht darin, den Menschen als Subjekt von Vers 26a aufzufassen, wofür sich gleich mehrere gewichtige Argumente finden lassen: Der Mensch ist Subjekt des vorangegangenen Verses 25b, welches üblicherweise beibehalten wird. Die zweite Hälfte von 26a ist mit וַיִּרְצֵהוּ‚ und er wird ihn gnädig annehmen‘ eingeleitet. Hier nimmt Gott eindeutig nicht den Engel, sondern den Menschen gnädig an. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass es wahrscheinlicher ist, dass der Mensch und nicht der Engel auch in dem vorangegangen Versteil das Subjekt ist. In den oben genannten Belegstellen des Verbes עתר Qal betet zudem stets ein Mensch und nicht ein Engel oder ein anderes höheres Wesen zu Gott. Die genannte Stelle in Ri 13,8 ist außerdem nicht eindeutig als Bitte für einen anderen Menschen aufzufassen, da Manoach für seine Frau und für sich bittet, dass der Mann Gottes ihnen beiden erneut erscheinen soll. Des Weiteren wird die chronologische Reihenfolge beibehalten, wenn der Mensch Subjekt von Vers 26a ist: Der Engel bittet vor Gott für ihn (24), er wird wiederhergestellt (25), er betet zu Gott (26). Diese logische Abfolge würde unterbrochen, wenn der Engel in Vers 26 erneut für den Menschen bittet, nachdem dieser bereits wiederhergestellt wurde.
Diese genannten Argumente lassen es als wahrscheinlich gelten, dass der Vers 26 nicht mehr zu der Interaktion des Engels gehört, sondern dass darin das Gebet des Menschen zu Gott dargestellt wird. Damit sind die Aufgaben des Engels lediglich in den Versen 23–24 beschrieben.
Schlussfolgerung: Welche Funktion übernimmt der מַלְאָךְ?
Bei der Beantwortung der Forschungsfrage kann zunächst abgegrenzt werden, welche Funktion der Engel nicht übernimmt: Die Funktion des Engels besteht nicht darin, die nächtlichen Visionen des Menschen zu interpretieren (so auch Pilger 2010:161). Ebenso wenig ist es seine Aufgabe, den von Leid getroffenen Menschen zu einer Umkehr zu bringen. Im besten Fall ist dies natürlich die Folge seines Auftretens. Zuletzt ist der Engel auch nicht für die Wiederherstellung der Beziehung zwischen Menschen und Gott verantwortlich, da diese erst durch das Gebet des Menschen in Vers 26 erfolgt.
Die Untersuchungen haben ergeben, dass der Engel in dem von Gott initiierten Erziehungsgeschehen als Mittler zwischen Gott und dem Menschen fungiert. Indem er sich an beide Parteien wendet, nimmt er eine zweifache Funktion ein: Zum einen belehrt er den Menschen darüber, was ein gottgewollter Lebenswandel ist (23b). Diesen hat der Mensch zwingend nötig, da er in Sünde gefallen ist und aufgrund seines Hochmuts ein gottfernes Leben führt. Zum anderen hält der Engel Fürbitte für den Menschen vor Gott (24b) (vgl. Fohrer 1988:459). Diese Fürbitte dient zugleich bildhaft als das Lösegeld, das den Menschen aus seiner Not loskauft. Die Befreiung des Menschen findet in der himmlischen Interaktion zwischen Gott und dem Engel statt, wirkt sich aber sogleich auf den Menschen aus, der eine körperliche Wiederherstellung erfährt. Mit diesen beiden Aufgaben kommt dem Engel eine Schlüsselfunktion in der Textstelle 33,14–30 zu, da erst durch sein Erbarmen und seine Hinwendung zum Menschen eine Wende in der Erziehung des Menschen eingeläutet wird.
Ergebnis
Die Textstelle Hi 33,23–24 lässt aufgrund ihrer grammatischen und semantischen Vieldeutigkeit ein breites Spektrum an Interpretationsmöglichkeiten zu. Die vorliegende Analyse hat den Versuch unternommen, eine nachvollziehbare, stimmige und kohärente Interpretation der Textstelle vorzulegen.
Nachdem der Mensch durch Träume (33,23–24) und durch Schmerzen (33,19–22) die gottgewirkte Erziehung erlebt hat, besteht die Möglichkeit, dass ein Engel für diesen Menschen eintritt. Dieser Engel ist weder ein persönlicher Schutzengel, noch ist hier ein Engel mit einem bestimmten Amt im Blick. Seine erste Funktion besteht darin, dem Menschen seine יֺ שֶׁר ‚Aufrichtigkeit‘ mitzuteilen. Die Analyse hat ergeben, dass es sich hierbei vermutlich nicht um die Pflicht des Menschen, zu Gott umzukehren, handelt, sondern dass der Engel vielmehr den Menschen über einen gottgefälligen Lebenswandel belehrt. Seine zweite Funktion besteht darin, für den Menschen vor Gott Fürbitte einzulegen. Diese Fürbitte bildet zugleich das כֹּפֶר Lösegeld, das bildhaft den Menschen aus seiner Notlage loskauft. Dadurch erfährt der von Leid getroffene Mensch eine Wiederherstellung seines Körpers, woraufhin er Gott im Gebet aufsucht.
Die vermittelnde Aufgabe des Engels, die sich in seiner erbarmenden Hinwendung zum Menschen gründet, ist ein neuer Gedanke im Hiobbuch (Pilger 2010:163). Das positive Bild, das Elihu in Hi 33,23–24 von einem Engel zeichnet, steht im Kontrast zu der übrigen Hiobkomposition, in welcher Engel negativ konnotiert sind. Auch dies hebt die Reden Elihus von den Äußerungen der Freunde ab. Die doppelte Mittlerfunktion, die der Engel übernimmt, lässt ihn im Erziehungsgeschehen als Bindeglied zwischen Gott und dem Menschen erscheinen. Elihu gibt damit der Diskussion im Buch Hiob um das Leid eine neue Stoßrichtung, indem er himmlische Prozesse in die irdischen Begebenheiten miteinbezieht, was sich zugleich auch mit der Rahmenerzählung im Prolog (Hi 1–2) deckt.
Anerkennung
Dieser Artikel basiert teilweise auf der Arbeit des Autors über den Master-Abschluss am Fachbereich: Altes Testament und Hebräische Schriften, Universität Pretoria, Südafrika, mit Betreuer Prof. Dr. Hans-Georg Wünch und Co-Betreuer Prof. Dr. Ananda Geyser-Fouché, erhalten im August 2023, hier verfügbar: https://repository.up.ac.za/bitstream/handle/2263/94469/Erhardt_Leid_2023.pdf?isAllowed=y&sequence=5.
Konkurrierende Interessen
Die Autoren erklären, dass sie keine finanziellen oder persönlichen Beziehungen haben, die sie beim Verfassen dieses Artikels unangemessen beeinflusst haben könnten.
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Ethische Überlegungen
This article does not contain any studies involving human participants performed by any of the authors. Ethical clearance received from Research committee: Faculty of Theology and Religion with ethical clearance number: T054/22.
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Fußnoten
1. Der Artikel beruht auf einer Masterarbeit, die der Autor Timon Erhardt unter dem Titel ‚Ein Vergleich zwischen den Aussagen Elihus und denen der drei Freunde Hiobs bezüglich Gottes Erziehung durch Leid‘ an der University of Pretoria geschrieben hat. Er behandelt ein Thema, das in der Arbeit zwar angeschnitten wurde, aufgrund der Thematik allerdings nicht ausführlich behandelt werden konnte.
2. Fohrer (1988:40–41) gibt eine komprimierte Darstellung, weshalb die Reden Elihus in der Forschung als sekundär gelten. Für die wiedererstarkende Ansicht, dass die Reden Elihus ursprünglicher Bestand der Hiobkomposition sind, sprechen sich unter anderem Andersen (2015) in seinem Artikel ‚The Elihu Speeches: Their Place and Sense in the Book of Job‘ und Longman (2012) aus. Eine besondere Ansicht vertritt Clines (2018), indem er die Reden Elihus zwar als Bestandteil des Hiobbuches ansieht, sie aber kompositionell zwischen Hi 27 und 29 anordnet und Hi 28 zu den Reden Elihus zählt.
3. Für eine ausführliche Darstellung der Entwicklung innerhalb der Hiobforschung sei auf folgende Literatur verwiesen: Lauber (2013): ‚Weisheit im Widerspruch‘ S. 1–40; Wahl (1993) ‚Der gerechte Schöpfer‘ S 1–35; Clines (2018) ‚Job 21–37‘ S. 708–709. Zudem liefert der Artikel ‚The Role of the Elihu Section in the Book of Job‘ von Khor (2006) eine komprimierte Übersicht über die verschiedenen Standpunkte der Forschung bezüglich der Rolle Elihus. Dabei vertritt Khor selbst einen eigenen Ansatz.
4. Siehe hierzu: Hesse (1992:180–181), Gradl (2001:286–287) und Fohrer (1988:460).
5. Oder profan: ‚Bote, Gesandter‘ (Gesenius u.a. 2013:679), vgl. nachfolgende Diskussion.
6. Oder ‚Geradheit, Redlichkeit‘, hier schlägt Gesenius ‚Pflicht‘ vor (2013:513).
7. Oder ‚erlöse ihn‘ (Gesenius u.a. 2013:1037).
8. Die weiteren Bedeutungen von מַלְאָךְ wie ‚Böse Geister, Prophet als Bote Gottes, Priester als Bote Gottes, Israel als Bote Gottes‘ (vgl. Gesenius u.a. 2013:679) kommen aufgrund des Kontextes von Hi 33,23–24 nicht in Frage.
9. So schlägt Gesenius u.a. (2013:651) für מְמִתִים die Übersetzung ‚Todesengel, oder -dämonen‘ vor.
10. Diese starke Abweichung des Textes der LXX vom MT lässt sich dahingehend erklären, dass in der LXX alle Stellen des MTs mit Engelwesen negativ umgedeutet wurden. So wurde vermutlich auch hier einerseits die positive Hinwendung des Engels ausgelassen und einer Interaktion zwischen Gott und Menschen zugeschrieben, andererseits durch die Wiederaufnahme der ‚Tötenden‘ aus Vers 22 eine Bedrohung durch totbringende Engel etabliert (Pilger 2010:150–151). Die negative Sichtweise auf Engel könnte dabei auf Satan zurückgeführt sein, der in Hi 1–2 Teil der himmlischen Versammlung ist (Pilger 2010:151).
11. Die umstrittene Textstelle Hi 16,20 könnte eventuell auch eine derartige Anspielung beinhalten (vgl. Witte 2021:277–278).
12. So einige Ausleger, siehe Diskussion unter ‚4. Worin besteht das כֹפֶר Lösegeld‘
13. Ebenso kann mit der Erwähnung der יֹשֶר auch ein Bezug zu dem von Elihu zitierten Unschuldsbeteuerungen Hiobs in 33, 9–11 gesehen werden (so Pilger 2010:154).
14. Der Subjektaufnahme aus Vers 23 folgen unter anderem Strauß (2000:289), Pilger (2010:62) und Fohrer (1988:460).
15. Dem Subjektwechsel folgen unter anderem auch Weiser (1980:223), Witte (2021:520) und Kaiser and Mathys (2010:121).
16. Witte mutmaßt diesbezüglich, dass das Subjekt absichtlich ausgelassen ist, ‚um die Interaktion zwischen dem Engel und Gott als ein innergöttliches Geschehen zu kennzeichnen, das sich letztlich dem menschlichen Verstehen entzieht ‘ (2021:521).
17. כֹפֶר als Umkehr siehe unter anderem Gradl (2001:287), Fohrer (1988:460) und Lauber (2013:210).
18. Weitere alttestamentliche Parallelen mit כֹפֶר als Fürsprache siehe Pilger (2010:157–161).
19. כֹפֶר als Fürsprache siehe Witte (2021:521) und Pilger (2010:161). In ähnlicher Auffassung paraphrasiert Clines (2018:738) die Worte des Engels ‚Deliver him; there is no good reason for him to die‘.
20. Diese Auffassung vertritt unter anderem Pilger (2010:62–63).
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